Mittwoch Generalstreik

Portugal als nächster Kandidat für EU-Hilfe?

Auf den internationalen Märkten sind die Risikoaufschläge für finanzschwache Euro-Länder stark gestiegen, darunter auch für Portugal. Die Regierung in Lissabon versucht zu beruhigen und spricht von einem normalen Schuldenstand. Seit letztem Jahr hat die Regierung stark eingespart. Jetzt reicht es den Gewerksschaften. Am Mittwoch soll es einen Generalstreik geben.

Mittagsjournal, 23.11.2010

Schuldenstand angeblich nicht auffällig

Die Risikoaufschläge für Portugals Staatsanleihen sind in den letzten Stunden gestiegen. Die Anleger trauen den Beteuerungen des portugiesischen Staatschefs nicht, der sein Land nicht mit Irland gleichsetzen will. Präsident Anibal Cavaco Silva sagte gestern in einem Interview, die portugiesischen Banken seien nicht von der Finanzkrise betroffen, dem Immobilienmarkt drohe kein Preis- und Werteinbruch, wie in Irland. Außerdem nannte Cavaco Silva den Schuldenstand Portugals im europäischen Vergleich „nicht auffällig“.

Gehälter bis zu zehn Prozent gekürzt

Portugals Krise begann im Vorjahr, als das Defizit auf 9,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts anstieg. Der hohe Schuldenstand machte ein entschlossenes Gegensteuern der Regierung notwendig: Sie schreckte nicht davor zurück, unpopuläre Maßnahmen zu verordnen. Vor allem Staatsbedienstete sehen sich als Opfer: Um die vorgegebenen Sparziele zu erreichen wurden ihre Gehälter gekürzt, bis zehn Prozent. Jetzt soll die Zahl der Beamten drastisch reduziert werden, auch Pensionen werden eingefroren

Mediengerüchte: Portugal nächster Kandidat

Aus dem Finanzministerium in Lissabon kommen zuversichtliche Botschaften. Die Regierung habe eine glaubwürdige Strategie zur Konsolidierung des Staatshaushaltes vorgelegt, die auch von der EU-Kommission angenommen wurde. Dennoch wird Portugal in der Presse als Kandidat „Nummer eins“ für eine weitere Rettungsaktion nach dem irischen Vorbild genannt. Und auf Portugal könnte als Hauptgläubiger bald auch Nachbar Spanien folgen, malen die Pessimisten bereits ein iberisches Beben an die Wand.

Minister: Kein Anlass für EU-Rettungsschirm

Nach Meinung des portugiesischen Finanzministers dos Santos besteht aber keinerlei Anlass, unter dem EU-Rettungsschirm Schutz zu suchen. Die sozialistische Minderheitsregierung hätte Reformen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit eingeleitet und das gegen den Widerstand der Gewerkschaften.

Morgen Generalstreik

Die Arbeitnehmerproteste könnten die Reformpläne der Regierung von Premier José Socrates gefährden. Die Gewerkschaften haben für Mittwoch einen Generalstreik ausgerufen. Sollte der Aufruf massiv befolgt werden und die Absage an die Sparpläne der Regierung unübersehbar sein, wird es für die sozialistische Regierung eng: Gegen den Widerstand der Bevölkerung sind die geplanten Kürzungen schwer durchzusetzen. Zur Finanzkrise könnte die politische Krise dazukommen. Erst recht ein Argument für Angriffe der Spekulanten.

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