Staatspleiten drohen aber nicht

EU-Sorgenkinder: Irland, Portugal und Spanien

In Brüssel beraten die Finanzminister der Europäischen Union. Einige Staaten sind mitten drin in der Krise: Irland braucht Kredite, Spanien sitzt auf einem Schuldenberg und Portugal sucht mit einem drastischen Sparkurs nach einem Ausweg. Portugal geht es am schlechtesten, Irland etwas besser und Spanien scheint die besten Karten zu haben, aus der Krise "rauszuklettern".

Mittagsjournal, 30.09.2010

Keine Staatspleite in Sicht

Werden sich Irland, Spanien und Portugal an der griechischen Grippe anstecken und auch in die Staatspleite schlittern? Nein, sagen Investoren und Fondsmanager, die sich mit Staatsanleihen auskennen. Staatsanleihen sind ein Fieberthermometer für die Kreditwürdigkeit dieser Länder, denn sie zeigen uns, wer diesen Ländern zu welchem Preis Geld leihen will. Die Pleite drohe jedenfalls keinem dieser drei Länder, weil sie sich - im Gegensatz zu Griechenland - am Kapitalmarkt noch zu einigermaßen vertretbaren Preisen Geld ausborgen können, sagt etwa Andreas Bockberger, Anleihefondsmanager bei Raiffeisen Capital Management: "Das Wort Pleite viel zu stark. Aber es gibt Schwierigkeiten, die sind unübersehbar."

Schulden abbauen

Keine Pleiten erwartet auch Kornelius Purps, Anleiheanalyst bei der Unicreditbank in München: "Akut auf keinen Fall. Auf längere Frist kann man das nicht ausschließen. Allen Ländern gemein ist ein Haushaltsproblem." Das Schicksal hängt also an den Schulden und daran, wie schnell man sie wieder los werden kann.

Portugals Wirtschaft nicht so konkurrenzfähig

Die schlechtesten Chancen schnell aus der Krise zu kommen hat Portugal, sagen Purps und Bockberger. Weil Portugal eigentlich kein akutes Problem mit der Finanzkrise hat, sondern ein Dauerproblem, sagt Bockberger. Portugal habe eine Wirtschaft "...die im Vergleich zu anderen Europäern nicht so wettbewerbsfähig ist. Sie haben in den guten Zeiten verabsäumt Strukturreformen durchzuführen. Das kommt jetzt in der Krise voll zum Ausdruck."

Langsame Erholung

Portugals Wirtschaft werde sich also nur langsam und mühsam erholen, denn auch Reformvorhaben stoßen auf großen Widerstand. Wie schwach die Wirtschaft ist, zeigt eine einfache Statistik, Portugal hat mehr als doppelt so viel Einwohner wie Irland, aber die gleiche Wirtschaftsleistung. Portugal muss Investoren momentan rund drei Mal so viel Risikoprämie für Staatsanleihen zahlen als Österreich.

Irland kämpft mit Immobilienkrise

Auch Irland muss momentan so viel bezahlen. Irland hat schwer mit den Folgen der Immobilienkrise zu kämpfen. Viele Iren können ihre Hypotheken nicht bezahlen und haben zwei große irische Banken in den Abgrund gezogen, die Anglo Irish Bank und die Allied Irish Bank. Beide muss der Staat jetzt retten, die Rettungsaktion kostet rund ein Viertel der jährlichen Wirtschaftsleistung.

Gute Aussichten für Irland

Aber abseits von dem Bankenproblem habe Irland eine funktionierende und wettbewerbsfähige Wirtschaft, der keltische Tiger habe also noch Krallen, sagt Bockberger: "Wenn sie die Bankenkrise verdauen stehen sie sehr gut da." Irland könnte sich also sehr schnell wieder erholen, glaubt auch der Unicreditexperte Purps.

Spanien leidet unter hoher Arbeitslosigkeit

Wie Irland hat auch Spanien mit dem Platzen einer Immobilienblase zu kämpfen. Die Bauwirtschaft ist zum Erliegen gekommen, die Arbeitslosigkeit ist in die Höhe geschnellt. Aber trotzdem steht Spanien im Vergleich mit den anderen Sorgenkindern momentan am besten da, sagen die Experten. Purps: "...weil Spanien dieses Jahr bereits große Erfolge erzielt hat in der Reduzierung des Haushaltsfehlbetrages. Zudem ist Spanien mit dem geringsten Schuldenstand in diese Krise hineingerutscht."

Spanische Banken relativ gesund

Den spanischen Banken drohe kein Kollaps, das habe der europäische Bankenstresstest klar gezeigt. Deshalb muss Spanien Investoren die dem Land Geld leihen, auch eine kleinere Risikoprämie zahlen als Irland oder Portugal.

Schuldenkrise noch ein bis zwei Jahre

Eine griechische Grippe wird sich also aller Voraussicht nach nicht ausbreiten, sagt Bockberger: "Eine Infektion der anderen Märkte ist derzeit nicht zu bemerken." Aber ein bis zwei Jahre werde die Schuldenkrise uns mindestens noch in Atem halten, sagen die Experten.

Mittagsjournal, 30.09.2010