User attackieren Kreditkartenfirmen

Cyberkrieg um Wikileaks

Rund um die Wikileaks-Plattform des Australiers Julian Assange ist ein regelrechter Internet-Krieg ausgebrochen. Auf der einen Seite wollen Visa, Mastercard und PayPal der Plattform den Geldhahn zudrehen. Auf der anderen Seite starten jetzt Unterstützer von Assange Großangriffe auf genau diese Firmen.

Mittagsjournal, 09.12.2010

Die Fans schlagen zurück

Alle, die sich in den vergangenen Tagen gegen Assange oder Wikileaks gestellt haben, müssen nun damit rechnen, dass ihre Rechner angegriffen werden. Große Banken und Kreditkartenfirmen, Rechtsanwaltskanzleien, die Staatsanwaltschaft und einzelne Behörden in Schweden. Bei den Angriffen kann jeder Computerbesitzer mitmachen, erklärt der Internet Experte Brian Reese.

Man lädt sich einfach eine Software herunter, die den eigenen Computer mit vielen anderen vernetzt. Dann verständigt man sich über Twitter, welches Ziel mit Datenmüll beschossen werden soll. "Es sind einfach viele private Computer-Benützer überall auf der Welt, die sich diese Software heruntergeladen haben", erklärt Reese, "sie besprechen, welche Seiten sie angreifen wollen und aus welchem Grund. Zum Beispiel eben Mastercard, Visa oder auch Sarah Palins Seite. Und dann beschießen sie diese Seiten und legen sie lahm. Es wie eine große Welle."

Virtuelle Schneeballschlachten

Das Internet gibt den Leuten erstmals eine Möglichkeit, sich nicht nur über etwas aufzuregen, was ihnen nicht gefällt, sondern auch konkret etwas zu tun. Das sei wie Schneebälle werfen, sagt Internetexperte Brian Reese: "Man will jemanden ins Gesicht treffen. Die Leute wollen diesen Firmen zeigen, dass sie wütend sind. Sie wollen nicht nur darüber reden auf Facebook und Twitter, sondern sie tun auch etwas: Sie starten so genannte DDOS Attacken."

DDOS Attacken sind einfach sehr viele Anfragen, die sehr viele Computer gleichzeitig auf eine Internetseite richten. Damit werden die Server überlastet, die Seite wird sehr langsam oder stürzt ab.

Das geht natürlich auch umgekehrt: die Wikileaks Seite wurde ja von Anfang an von regierungsfreundlichen Hackern und wohl auch von Geheimdiensten attackiert. Doch da haben sich die Regierungen bisher die Zähne ausgebissen. Sie konnten immer mehr Enthüllungen nicht verhindern.

Inhalte verbreiten sich trotzdem

Man könne die Wikileaks-Seite stören oder sperren, aber nicht die vielen Spiegel-Seiten, die einfach den Inhalt von Wikileaks kopiert haben, sagt Reese. Das Netz sei zu groß, um es zu kontrollieren.

Man könne einzelne Seiten und Server zerstören, man könne Leute verhaften, die diese Seiten betreiben. Wenn jemand kopiergeschützte Dateien herunterlädt, könne man ihn zur Rechenschaft ziehen, so Reese: "aber die Dateien sind trotzdem noch im Netz. Es ist zu groß, zu verzweigt, zu eigenständig."

Viele dieser Leute sehen das gemeinsame Vorgehen gegen private Seiten wie Banken oder Kreditkartenfirmen als eine Art Kampf um die Freiheit des Internets, um die Meinungs-und Informationsfreiheit. Sie wollen verhindern, dass Assange mundtot gemacht und finanziell ausgetrocknet wird.

Wer ist als nächstes dran?

So melden sich jetzt manche Hacker wie einer mit Codenamen "Kaltblütig" zu Wort und kündigen an, dass der Datenkrieg weitergehen werde. Allerdings steht die Technik ja auch all denen zur Verfügung, die weniger hehre Motive haben. Bisher ist offenbar kein finanzieller Schaden entstanden, aber möglich wäre das jederzeit, sagt Brian Reese.

Und wer weiß, auf welches Feindbild sich die Freizeit-Hacker auf Twitter als nächstes verständigen? Die geballte Wut könnte sich schließlich auf alles und jeden richten. Bei dieser Cyber-Schneeballschlacht könnten jederzeit mit ein paar Mausklicks unschuldige Leute verletzt werden.

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