Enquete über internationale Erfahrungen

Darabos: Volksabstimmung zur Wehrpflicht

Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) ist bereit, die Entscheidung über eine Abschaffung der Wehrpflicht in Österreich nicht bloß einer Volksbefragung, sondern einer politisch verpflichtenden Volksabstimmung zu unterziehen. Dies wurde am Rande einer internationalen Expertentagung zum Thema "Wehrpflicht oder Berufsheer" in bekannt.

Abendjournal, 15.12.2010

Sicherheitspolitisch ohne Grund

Ansonsten gab es bei der Expertentagung viele Thesen und viele Gegenthesen zum Thema Wehrpflicht - aber erwartungsgemäß noch keine Entscheidung. Für Deutschland erläuterte General a.D. Karl-Heinz Lather die am Mittwoch von der Regierung in Berlin abgesegnete Entscheidung zur Aussetzung der Wehrpflicht. Sie sei sicherheitspolitisch nicht mehr zu begründen gewesen, betonte er: "Wir sind erstmals in unserer Geschichte nur von Freunden umgeben, und wir werden glücklicherweise auch nicht existenziell bedroht." Außerdem sei die zuletzt nur noch sechs Monate lange Wehrdienst-Dauer "kaum sinnvoll militärisch nutzbar" gewesen. Bei den Kosten gehe man im Großen und Ganzen von einem Nullsummenspiel aus.

Unumkehrbarer Entschluss

Die Vertreter jener Länder, die die Abkehr von der Wehrpflicht bereits vollzogen haben, bekannten sich grundsätzlich dazu. Es sei die richtige Entscheidung gewesen, man würde es wieder tun, meinte etwa der slowakische Oberst Boris Slodicka. Gewarnt wurde allerdings vor einem überhasteten Wandel, umkehrbar sei der Entschluss nämlich nicht mehr, auch soziale Folgen seien zu bedenken.

Berufsarmee ist teurer

Riso Siilasmaa aus Finnland, wo an der Wehrpflicht festgehalten wird und die Landesverteidigung als Hauptaufgabe der Armee festgeschrieben ist, warnte dagegen vor höheren Kosten einer Berufsarmee. Laut Berechnungen des finnischen Ausschusses zur Zukunft des Wehrsystems stünden dort 8,6 Mrd. Euro jährlich für 60.000 Berufssoldaten nur 4,9 Mrd. Euro für eine Wehrpflichtigenarmee mit 250.000 Mann Mobilisierungsstärke gegenüber.

Entscheidung per Los

Keine eindeutige Empfehlung gab es von der Repräsentantin Dänemarks, der stellvertretenden Verteidigungsstaatssekretärin Laila Reenberg. Ob Wehrpflicht oder Berufsheer hänge davon ab, was man erreichen wolle, meinte sie. In Dänemark müssen zwar alle zur Stellung, wer einrücken muss, wird aber per Los entschieden, der Freiwilligenanteil ist mit zuletzt 93 Prozent hoch. Die Dienstzeit wurde 2005 von neun auf vier Monate verkürzt und der Schwerpunkt von der Landesverteidigung auf internationale Einsätze verlegt. Eine breite öffentliche Diskussion über die Wehrpflicht gebe es nicht, der Umstieg auf ein reines Freiwilligenheer sei aber nicht ausgeschlossen.

Öffentliches Anliegen

In der Schweiz sei die Wehrpflicht dagegen in den kommenden vier bis acht Jahren "here to stay", auch wenn eine Volksinitiative Unterschriften dagegen sammle, meinte Christian Catrina aus dem Schweizer Verteidigungsressort. Er zählte Gründe für die Beibehaltung des Systems auf: So sei es die einzige Möglichkeit für kleine Staaten, große Armeen zu generieren. Außerdem sei Verteidigungspolitik dadurch ein öffentliches Anliegen. "Die Bürger beachten sich zu einem großen Teil als Owner der Armee, mit einem echten Share-Holder-Verständnis."

Varianten werden geprüft

Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) lässt für Österreichs Bundesheer insgesamt sieben Planungsvarianten durchspielen, von der Beibehaltung des Status Quo bis zu einem Berufsheer mit und ohne Auslands- und Katastropheneinsätzen. Er selbst hat einige davon bereits ausgeschlossen, sprach er sich bei der Eröffnung der Enquete doch für den Beibehalt friedenssichernder Einsätze und der Katastrophenhilfe aus.

Politische Reaktionen

Für den FPÖ-Abgeordneten Peter Fichtenbauer bleibt es nach Anhörung der unterschiedlichen Enqute-Beiträge klar: Die Wehrpflicht muss bleiben. Er habe keine Argumente für die Abschaffung der Wehrpflicht gehört, sondern ganz im Gegenteil. Peter Pilz von den Grünen hingegen fühlt sich darin bestätigt, dass die Wehrpflicht in Österreich fallen muss.

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