Rücktrittforderung nach Korruptionsaffäre
Tschechien: Misstrauen gegen Premier
Seit Wochen wird Tschechien von einer Korruptionsaffäre erschüttert, in die auch höchste Regierungsvertreter verwickelt sind. Premier Petr Necas wird vorgeworfen, die Affäre vertuschen zu wollen. Die Opposition fordert den Rücktritt des Premiers und wird im tschechischen Parlament einen Misstrauensantrag gegen Necas einbringen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 21.12.2010
Versprechen enttäuscht
Korruption werde unter seiner Regierung keine Chance haben, so noch die vollmundige Ansage des tschechischen Premiers kurz nach Amtsantritt im Sommer dieses Jahres. Mehr Transparenz bei der Verteilung von Öffentlichen Aufträgen habe dabei absolute Priorität. Doch dass die jüngste Korruptionsaffäre ans Licht der Öffentlichkeit kam, war nicht dem neuen Transparenzwillen der Regierung zu verdanken, sondern einem führenden Beamten des Umweltministeriums.
Druck gegen Aufdecker ohne Erfolg
Nun der Reihe nach: Besagter Beamter, der Chef des staatlichen Umweltfonds, Libor Michalek, entdeckt Ungereimtheiten in der Vergabepraxis. Es bekämen immer nur einige stark überteuerte Firmen die Aufträge. Der Verdacht der Parteienfinanzierung dränge sich auf. Und Michalek wendet sich an den Premier. Necas leitet die Email aber nur an seinen Parteifreund, Umweltminister Pavel Drobil, weiter. Der Umweltminister knöpft sich daraufhin Michalek vor, fordert die Vernichtung der inkriminierenden Unterlagen. Dafür könne Michalek mit dem Posten des Vizeumweltministers rechnen, so das Angebot. Doch Michalek übergibt die Unterlagen der Tageszeitung Mlada Fronta Dnes. Daraufhin wird er vom Umweltminister entlassen.
Rücktritt, Untersuchung
Doch nun ist die Affäre nicht mehr aufzuhalten. Premier Necas versucht zwar noch seinen Umweltminister zu decken. Dieser muss dann doch den Hut nehmen, Necas kündigt eine Untersuchung an: "Alles wird gründlich untersucht werden, ohne Ansehen der Person. Wenn jemand das Gesetz gebrochen hat, dann sollte er bestraft werden, so Necas.
Necas im Visier der Opposition
Zu halbherzig, zu spät komme das Statement des Regierungschefs - so die Kritik der Opposition, der Sozialdemokraten: "Er ist sich sicher, dass es nirgends in Europa, wo politische Kultur regiert, möglich ist, dass Korruption vom einem Premierminister gedeckt wird", erklärt der mächtige CSSD-Politiker Michal Hasek. Es gebe klare Beweise, dass Necas schon lange über die Korruptionsaffäre Bescheid wusste, aber nichts dagegen tat. "Necas hat selbst ein Verbrechen begangen", so Hasek.
Wie stimmt "Antikorruptionspartei"?
Im Parlament in Prag wird nun von den Sozialdemokraten ein Misstrauensantrag gegen Premier Necas eingebracht. Die Regierung verfügt dort zwar über eine satte Mehrheit. Es gibt aber eine Schwachstelle: Die "Antikorruptionspartei" von Radek John, die mit in der Regierung sitzt. Wie sie abstimmen wird heute, ist noch offen. Doch selbst wenn Premier Petr Necas den Misstrauensantrag überlebt, so ist seine Position innerhalb der Regierung mehr als angeschlagen. Und in der Öffentlichkeit dürfte er wohl immens an Glaubwürdigkeit verloren haben.