Es fehlt an Impfstoff

Haiti: Immer wieder Choleraepidemien?

Der morgige Gedenktag des Erdbebens von Haiti wird überschattet von einer neuen Katastrophe: dem Ausbruch der Cholera. Seit Oktober des vergangenen Jahres sind daran mehr als 3.600 Menschen gestorben. Eine Eindämmung der Epidemie halten Experten für extrem schwierig: wegen der katastrophalen hygienischen Zustände in Haiti und weil es nicht genügend Impfstoff gibt.

Morgenjournal, 11.01.2011

Schnelle Behandlung einzige Lösung

Meist ist es ein Wettlauf gegen die Zeit. Wer an der Cholera erkrankt ist, muss schnell ins Spital gebracht werden. Denn die Krankheit kann innerhalb von wenigen Stunden zum Tod führen. Doch vielen Menschen, v.a. in ländlichen Gebieten, fehlen die Transportmittel. Mehr als 3.600 Menschen sind an der Cholera gestorben, 150.000 daran erkrankt.

Behandlung relativ einfach

Das größte Spital in Port-au-Prince hat einen gesamten Trakt in ein Cholera-Zentrum verwandelt. Wir treffen hier die Ärztin Maggy Coffy. Die US-Amerikanerin ist seit dem Erdbeben im Krisengebiet. Mit dem Ausbruch der Cholera hätte niemand gerechnet, sagt sie: "In den ländlichen Gebieten, wo die Cholera zum ersten Mal aufgetaucht ist, hatten die Menschen keine Ahnung, was das für eine Krankheit ist. Cholera hat es ja hier seit fast einem Jahrhundert nicht mehr gegeben. Die Behandlung ist relativ einfach: Man muss Wasser trinken, mit Salz und Zucker. Viel davon!"

Nicht genug Impfstoff

Eine flächendeckende Impfaktion ist derzeit nicht möglich, da nicht genug Impfstoff zur Verfügung steht. Die Schluckimpfung namens Dukarol wird nur von einem Pharmakonzern hergestellt. Nun soll die Produktion intensiviert werden, damit Impfaktionen bald nicht nur in Haiti sondern auch in der benachbarten Dominikanischen Republik gestartet werden können. Dazu die Ärztin Maggy Coffy: "In Bangladesch kommt die Cholera zum Beispiel in Zyklen. Meine Sorge ist, dass dies auch in Haiti der Fall sein könnte, dass der Erreger immer wieder auftaucht. Eine zusätzliche Bürde für dieses geschundene Land."

Weniger Neuinfektionen

Letzte Anweisungen bevor wir die Cholera-Klinik von "Ärzte ohne Grenzen" betreten. Die Zahl der Neuinfektionen sei in den vergangenen Tagen stark zurückgegangen, erzählt uns der Österreicher Florian Tetsch, die umfassenden Aufklärungsmaßnahmen scheinen endlich zu greifen. Tetsch: "Wir haben einen deutlichen Rückgang in den letzten zwei Wochen verzeichnet. Aber sie sind verstreut und in den Bergen nehmen sie. Dort intensivieren wir unsere Bemühungen."

Spezielle Beerdigungen

Doch die Arbeit in der Klinik umfasst nicht nur Aufklärung und Behandlung der Patienten. Tetsch: "Die Toten werden speziell behandelt und mit Chlorlösung gewaschen." Weil die Familienmitglieder oft kein Geld für eine Beerdigung haben, oder der Platz auf den Friedhöfen fehlt werden die meisten Cholera-Toten stadtauswärts gebracht. Dorthin, wo vor einem Jahr Tausende Erdbebenopfer ihre letzte Ruhestätte gefunden haben.