Trotz der Affären
Italiener weiter hinter Berlusconi
Das Tauziehen um Silvio Berlusconi geht weiter. Während die Ermittler rund um den Harem des Sultans alle Hände voll zu tun haben, scheint das Vertrauen der Italiener in die Regierungspartei aber ungebrochen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 24.01.2011
Seifenoper in allen Zeitungen
Ginge es nach ausländischen Beobachtern wäre der Ministerpräsident Silvio Berlusconi schon längst Vergangenheit. Keine Zeitung, keine TV oder Radiostation, die nicht seit Wochen über den italienischen Regierungschef schreibt. Als surreale Seifenopfer bezeichnet die New York Times die Affäre rund um die minderjährige Prostituierte Ruby. Andere wiederum beschreiben Italien als ein Land, das nicht mehr in der Lage ist, zu reagieren.
Regierungspartei weiter vorne
Alle sind sich jedenfalls einig, dass das was in Italien passiert, anderswo untragbar wäre. Tatsächlich scheint das was die Medien Sexgate - oder Rubygate - nennen, keine Auswirkungen auf das mögliche Wahlverhalten der Italiener zu haben. Laut jüngsten Umfragen schadet selbst der jüngste Eklat dem Ministerpräsidenten und seiner Partei nicht. 30 Prozent der Italiener würden der PDL - also der Partei Berlusconi - ihre Stimme geben, sollte jetzt gewählt werden. Auch die Lega Nord - Berlusconis Koalitionspartner liegt unverändert bei rund elf Prozent. Sprich das Regierungsbündnis würde auf circa 41 Prozent kommen. Die größte Oppositionspartei - die PD - liegt - je nach Umfrage - hingegen bei 24 bis 25 Prozent.
Keine Alternative
Die Gründe dafür sind hauptsächlich zwei. Erstens: Berlusconis Anhänger haben es satt, so die Meinungsforscher - ständig über Sexgeschichten zu hören, schließlich wisse man ja ohnehin schon Bescheid; und zweitens: sie sehen keine politische Alternative. Fazit: mit Moral ist ein Italien wenig Politik zu machen. Trotzdem - denn sicher ist sicher - gehen die Betroffenen in die Offensive. Emilio Fede, Berlusconi-Intimus, Organisator seiner Feste und fast 80jähriger Anchorman seines Senders Canale 5, beteuert angesichts der offiziellen Ermittlungen gegen ihn seine Unschuld. "Keine dieser jungen Frauen - die jetzt an den Pranger gestellt werden - ist jemals und ich betone jemals von mir eingeladen worden".
Schützenhilfe
Schützenhilfe holt sich der Journalist, dem die Staatsanwälte Beihilfe zur Prostitution mit Minderjährigen vorwerfen, von einer jungen Brasilianerin, die ebenfalls nichts gesehen haben will: "Das sind ganz normale Abendessen. So wie jeder Herausgeber sie veranstaltet. Ich sehe keinen Grund, warum man dort nicht hingehen sollte".
Ermittlungen laufen
Die Behörden ermitteln indessen im Akkord weiter. Und die Industriellenvereinigung stellt erstmals dem Premierminister die Rute ins Fenster. So gehe es nicht weiter, meint die Präsidentin der Industriellen, Emma Marcegaglia, die bisher auf Stabilität gepocht hatte. Die Regierung sei seit einem halben Jahr unproduktiv. Wenn es nicht bald Reformen gibt, dann sollte Berlusconi weichen - meint sie. Ihr Wunschkandidat um Italien aus der Krise zu holen, wäre Wirtschaftsminister Giulio Tremonti.