Schimpftiraden im Fernsehen
Berlusconi reißen die Nerven
Um Silvio Berlusconi wird es täglich enger. Nach der scharfen Kritik der italienischen Bischöfe am Zustand Italiens dürften dem Ministerpräsidenten die Nerven gerissen sein. Er beschimpfte live einen TV-Moderator, der sich in seiner Sendung mit den jüngsten Affären beschäftigte.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 25.01.2011
"Sendung ist widerlich"
Den ganzen Tag hatte Ministerpräsident Berlusconi in seiner Villa in Arcore zugebracht. Spät abends überraschte er dann mit einem Live-Telefonat. Er ließ sich in das wöchentliche Diskussionsformat des Privatsenders La7 schalten. Das Thema der Sendung L´Infedele, wie könnte es anders sein: Rubygate. Der Premierminister geht sofort zum Angriff über: Ich habe ihre Sendung verfolgt. Sie ist widerlich und die Moderation verächtlich, schamlos und abstoßend.
Der sichtlich fassungslose Journalist Gad Lerner - einer der bekanntesten Italiens - verwehrte sich prompt gegen Vorwürfe dieser Art: Sie haben uns genug beleidigt, warum wenden sie sich nicht an die Staatsanwälte.
Tobsuchtsanfall auf Sendung
Was hier gesagt und gezeigt werde, sei alles weit weg von der Realität - schimpfte der Ministerpräsident. Und er verteidigte vor allem die 26jährige Nicole Minetti. Die Berlusconi-Gespielin, gegen die die Staatsanwaltschaft wegen Beihilfe zur Prostitution ermittelt, ihres Zeichens Mundhygienikerin und Showgirl, war in Windeseile in die Politik gehievt worden. Alles bestens - so der tobende Ministerpräsident, der sich auch noch mit einer seiner Abgeordneten anlegte: ich fordere die Abgeordnete Iva Zanicchi auf, unverzüglich dieses unfassbare TV-Bordell zu verlassen.
Polizei fühlt sich missbraucht
Nicht nur das Publikum in der seriösen Talksendung war erzürnt. Auch in den Sicherheitskräften gärt es inzwischen: Es stört einen Polizisten immer, wenn er sieht, wie seine Kollegen unsachgemäß eingesetzt werden. Der Polizist bezog sich in einem TV-Interview auf den Umstand, dass viele seiner Kollegen nicht nur zum Polizeischutz des Ministerpräsidenten eingesetzt werden - sondern - beklagt auch ein anderer - als Chauffeure für dessen Harem: Wir haben es hier mit einem schweren Missbrauch zu tun. Und mit einer Vorstellung vom Staat als dem privates Eigentum. So als würde die Polizei zum privaten Team des Ministerpräsidenten gehören.
Bischöfe empört
Und der Vorsitzende der italienischen Bischöfe, Kardinal Angelo Bagnasco, formulierte es - ohne Namen zu nennen - so: Wer immer ein politisches Mandat bekleidet, muss sich der Disziplin, der Sachlichkeit und der Ehre gewärtig sein, die dieses Amt mit sich bringen. So wie es in der Verfassung steht. Das Land - fügte er hinzu - müsse rasch diese ethische Schwäche überwinden.