Aber auch Islamisten im Kommen

ElBaradei - Ägyptens Hoffnungsträger

Die Nacht ist in Kairo ruhig verlaufen. Es zelten zwar noch Menschen auf den Plätzen, aber es gibt keine Sprechchöre und Auseinandersetzungen mehr wie in den vergangenen Nächten. Für Freude und Hoffnung sorgte am Abend der Auftritt des ehemaligen IAEA-Chefs Mohammed ElBaradei. Aber auch die Islamisten treten allmählich stärker auf. Die Armee hält sich weiter zurück.

Analyse von Nadja Bernhard aus Kairo

Gespräch mit Agathe Zupan im Morgenjournal, 21.01.2011

Jubel über ElBaradei

Volkfestartige Stimmung herrschte Sonntagabend, als sich Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei dem Protestzug anschloss - trotz eines Hausarrests, der eigentlich über ihn verhängt wurde. ElBaradei bietet sich als Kopf einer Regierung der demokratischen Kräfte an - eine willkommene Führungsfigur für die an sich führungslose Protestbewegung, entsprechend wurde sein Auftritt bejubelt. Allerdings ist ElBaradei in Ägypten nicht unumstritten. Man wirft ihm vor, sich in elitären Kreisen bewegt zu haben, während das Volk hungert. ElBaradei wird eher vom Westen als Hoffnungsträger gesehen. In Ägypten selbst muss er noch viel Überzeugungsarbeit leisten, vor allem auf den Straßen, denn dort wird in diesen Tagen die Zukunft des Landes entschieden.

Wachsender Einfluss der Moslembrüder

Welche Rolle die Islamisten, die "Moslembruderschaft" in der Auseinandersetzung spielen, ist noch nicht klar. Sie haben zwar großen Rückhalt, 20 Prozent der Ägypter unterstützen die Bruderschaft, und sie werden auch nicht als sinistre Vereinigung angesehen, wie das im Westen der Fall ist. Allerdings unterstützen die Moslembrüder den Protest sind sonderlich stark, was von den Demonstranten auch kritisiert wird. Das könnte sich aber allmählich ändern - noch nicht in Kairo, aber aus anderen Städten wie Alexandria wird über starken Einfluss der Moslembruderschaft berichtet.

USA bremsen Mubarak

Die noch amtierende Regierung Ägyptens hat sich darauf verlegt, hinter den Kulissen die Fäden zu ziehen. So gab es am Sonntag ein Treffen Mubaraks und seiner Minister mit der Armeeführung. Dass die Armee dennoch nicht gegen die Demonstranten vorgeht, wird auf den Einfluss der USA zurückgeführt: Washington dürfte klar gemacht haben, dass es eine "Lösung" wie das Massaker auf dem Tiananmen-Platz in Peking durch die chinesischen Streitkräfte nicht akzeptieren und alle Hilfsgelder für Ägypten streichen würde.

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