Muss der Premier vor den Richter?

Demonstranten vor Berlusconis Villa

Die Richter in Mailand stehen kurz vor der Entscheidung, wie sie mit den Sexpartys rund um Silvio Berlusconi umgehen sollen. Für den immer wieder in die Schlagzeilen geratenen Politiker könnte es dann eng werden. Inzwischen werden auch auf den Straßen die Proteste häufiger.

Mittagsjournal, 07.02.2011

Demonstrationen in Arcore

"Rücktritt, Rücktritt", rufen die Demonstranten auf dem Platz des Ortes Arcore - inzwischen berühmt, weil hier im Ortsgebiet die Villa des Premierministers steht. Jene Villa, die wegen der dort gefeierten Partys seit Wochen für Schlagzeilen sorgt. Friedlich, aber bestimmt sind die Berlusconi-Gegner. Fast alle gehören dem sogenannten Popolo Viola an – sie sind hier vereint und eins im Geist.

Transparente, Puppen und Verkleidungen unterstreichen die Anliegen der Regierungskritiker. "Ich habe einen richterlichen Talar angelegt. Ich will zeigen, dass es Zeit ist, dass wir selber urteilen. Es kann nicht sein, dass wir immer nur erdulden", sagt eine Demonstrantin.

Anders die Lage nur wenige hundert Meter entfernt. Rund 150 Mitglieder anarchistischer Gruppierungen dringen bis kurz vor die Villa des Ministerpräsidenten vor. Handgreiflichkeiten und Schlägereien sind die Folge. Bei dem Krawall gibt es Verletzte und zwei Verhaftungen.

Beobachtet durchs Schlüsselloch?

Der Ministerpräsident selbst schickte am Wochenende einmal mehr Video- und Radiobotschaften an seine Anhänger. In denen griff er vorwiegend die Justiz an, die sich - so der Ministerpräsident - darauf beschränke, ihn durch das Schlüsselloch zu beobachten: "Die Italiener müssen dieses Schauspiel der nationalen Schande verfolgen. Sie müssen erleben, wie Italien eine Republik geworden ist, die von den Staatsanwaltschaften beherrscht wird."

Unrechte Neuwahlen?

Die Regierung sei kompakt. Neuwahlen wären daher ein Unrecht, das Italien angetan würden, meint der Ministerpräsident, der diesbezüglich fast täglich seine Meinung ändert. Und wird sich der Ministerpräsident der Justiz stellen?
"Ich hab mich immer der Justiz gestellt. Ich bin der, der sich am öftesten der Justiz gestellt hat, weil keiner wie ich so oft angegriffen worden ist", sagt Berlusconi.

Muss er oder muss er nicht?

Ob Silvio Berlusconi in Sachen "Rubygate" tatsächlich vor den Richtern erscheinen wird, soll demnächst entschieden werden. Wenn ja, dann wartet auf den Premierminister ein abgekürztes Verfahren. Die Anklage dürfte auf Amtsmissbrauch und Beihilfe zur Prostitution von Minderjährigen beziehungsweise sexuelle Handlungen mit minderjährigen Prostituierten lauten. Die Anklagepunkte könnten aber auch getrennt und in zwei verschiedenen Prozessen abgehandelt werden.