Der neue Roman von Philip Roth

Nemesis

Mit Romanen wie "Portnoys Beschwerden", "Amerikanisches Idyll" und "Der menschliche Makel" hat der US-amerikanische Autor Philip Roth Weltruhm erlangt und Jahr für Jahr wird er als Top-Favorit für den Literatur-Nobelpreis gehandelt. Kurz vor seinem 78. Geburtstag im März ist jetzt sein jüngster Roman erschienen. Unter dem Titel "Nemesis" erzählt er von einer fiktiven Polio-Epidemie.

Wir schreiben das Jahr 1944. Bucky Cantor, ein 23-jähriger Sportlehrer, trainiert in den Sommerferien eine Gruppe Kinder im jüdischen Viertel von Newark, als sich dort eine Polio-Epidemie ausbreitet.

"In den 1940er Jahren, in meiner Kindheit, war Polio noch eine große Bedrohung", sagt Philip Roth. "Ich erinnere mich noch an diese große Angst. Wir wussten, dass man daran sterben konnte, aber niemand wusste, wie diese Krankheit ausgelöst wurde, es gab kein Mittel dagegen, keine Impfung, es war wirklich furchterregend."

Täglich werden neue Infektionen gemeldet, viele Kinder sterben innerhalb kurzer Zeit, Panik breitet sich aus und Bucky bewährt sich als Fels in der Brandung. Er leidet mit den Kranken und mit den Eltern, die ihre toten Kinder betrauern, bis sich herausstellt, dass er selbst das Poliovirus in sich trägt. Bucky überlebt - stark behindert und innerlich gebrochen. Philip Roth, gewohnt lakonisch: "Unglückliche Menschen interessieren mich."

"Der Körper ist eine Landschaft"

Der menschliche Körper mit seinen Gebrechen stand in der Aufmerksamkeit von Philip Roth immer an prominenter Stelle - nicht zuletzt in seinen vier jüngsten Kurzromanen "Jedermann", "Exit Ghost", Empörung" und "Die Demütigung", Romane, die er im Jahresrhythmus herausgebracht hat. Eindringlich, souverän und mit gewohnter Meisterschaft zugleich schreibt er hier einmal mehr über Krankheit, Verfall und Tod, Unglück und Schuld. "Der Körper ist eine Landschaft, eine genauso großartige Landschaft wie Newark, New Jersey", meint Roth.

In Newark in New Jersey ist Philip Roth in einer kleinbürgerlichen jüdischen Familie auch aufgewachsen, Newark ist meist die Folie für das amerikanische Idyll, das er in seinen Büchern gern zum privaten Trümmerfeld macht.

Atheistischer Autor

Jetzt hat Nemesis, die titelgebende griechische Göttin des gerechten Zorns, von seinem Protagonisten Besitz ergriffen - irrationale Schuldgefühle, Hader und Zweifel verdichten sich bei ihm zum Zorn auf den allmächtigen und ungerechten Gott. Mit der Frage der Theodizee lässt der überzeugte Atheist Philip Roth seinen Protagonisten naturgemäß allein.

Erhabe keinerlei Schwierigkeiten mit Gott, sagt Roth, weil ich nicht an ihn glaube, und: "Wenn die ganze Welt nicht an Gott glauben würde, wäre sie großartig."

"Ein Meisterwerk", jubelte der Kritiker der "Neuen Zürcher Zeitung" nach der Lektüre von "Nemesis", die "Frankfurter Rundschau" zeigte sich beeindruckt von der "schriftstellerischen Intelligenz" und der "juvenilen Spannkraft" des Autors und der "Tagesanzeiger" titelte: "Philip Roth in Hochform".

Textfassung: Ruth Halle

Service

Philip Roth, "Nemesis ", aus dem Amerikanischen übersetzt von Dirk van Gunsteren, Hanser Verlag

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