Experte: Opposition ist nicht am Ende
Springt der Funke auf Iran über?
Demonstrationen gab es am Montag auch im Iran, allerdings ist es schwierig, einzuschätzen, welche Wirkung sie erzielt haben, weil das iranische Regime Journalisten behindert und Kommunikationswege blockiert. Ali Ansari, Iran-Experte an der schottischen St.Andrews-Universität, erwartet, dass die Proteste auch im Iran weitergehen.
27. April 2017, 15:40
Mittagsjournal, 15.02.2011
"Größer als angenommen"
Wie umfangreich waren eigentlich die Demonstrationen im Iran, die am Montag offensichtlich ziemlich brutal niedergeknüppelt worden sind? Diese Frage lässt sich schwer beantworten, weil das Regime in Teheran viele Kommunikationswege blockiert. Bedeutend waren sie auf jeden Fall, sagt Professor Ali Ansari: "Ich denke die Größe der Demonstrationen ist nicht so wichtig, wie der Umstand, dass sie stattgefunden haben und auch noch in vielen Städten gleichzeitig. Dass Tränengas eingesetzt wurde, dass geschossen wurde und Demonstranten tot sind, dass das Regime die Kontrolle verlor, das zeigt, dass die Demonstrationen größer waren, als angenommen."
Folgen für den Iran
Der Kontrollverlust der Regierung zeigt nach Ansicht Ansaris auch, wie sehr sich die Führung in Teheran vor den Menschen und der Macht der Straße fürchtet: "Das Regime hat schreckliche Angst vor den Demonstranten, und das, obwohl wir im Westen die Demonstrationen nicht für besonders machtvoll halten. Damit erklärt sich das Regime eigentlich für nicht existent." Die Revolution in Ägypten hat natürlich Auswirkungen auf den Iran, ist sich Professor Ansari sicher. Auch wenn nicht zu erwarten ist, dass sich im Iran die ägyptische Geschichte gleich widerholt.
"Opposition ist nicht am Ende"
Aber trotz blockierter Informationswege wissen auch die Iraner, was in Ägypten tatsächlich passiert ist. "Der Vergleich mit Ägypten lässt viele Iraner neidvoll dorthin blicken. Es gibt einen großen Widerspruch, wie das Regime die Situation handhabt. Die Menschen sind keine Idioten, sie sehen, dass ihre Regierung den Protest in Ägypten unterstützt, um einen Diktator zu stürzen. Aber zu Hause wird überhaupt nichts zugelassen. Aus diesem Widerspruch hat die Opposition viel Energie gewonnen. In diesem Sinne wollen die Iraner nicht übrig bleiben. Wir müssen vorsichtig sein, um die möglichen Konsequenzen dieses einen Tages nicht zu übertreiben, aber die Sicht der iranischen Regimes, dass die Opposition am Ende ist, ist einfach falsch."
Keim für weitere Proteste gelegt
Eine Signalwirkung auf künftige Proteste könnte es geben, sagt der Iran-Experte Ansari, der auch weitere Unruhen erwartet: "Als entscheidend kann man die Demonstrationen nicht bezeichnen, aber wir werden immer wieder solche Ausbrüche erleben, vor allem, wenn die wirtschaftliche Situation immer schlechter wird." Die Führung in Teheran hat weder die wirtschaftlichen, noch die sozialen oder politischen Probleme gelöst, sagt Ansari, und viele Menschen sehen, dass das Regime bei der Wahl im Jahr 2009 eine große Chance vergeben hat: nämlich der Opposition eine Stimme zu geben, und auf diese Stimme auch zu hören. Damit ist der Keim für weitere Proteste und Demonstrationen gelegt, ist Professor Ansari sicher.
Opposition vor Gericht
Die autoritäre Führung im Iran verstärkte am Dienstag den Druck auf die Opposition. Nach den gestrigen Demonstrationen, bei denen vermutlich zwei Menschen erschossen wurden, soll jetzt den Oppositionsführern der Prozess gemacht werden. Parlamentsabgeordnete verlangten ganz offen die Todesstrafe für die Oppositionsführer.