Demonstrationen auch in Libyen

Keine Gefahr für Gaddafi?

Die Unruhen im arabischen Raum haben jetzt auch Libyen erfasst. In Benghazi ist es zu Zusammenstößen zwischen Hunderten Oppositionellen und der Polizei gekommen. Auf der Seite der Sicherheitskräfte standen auch hunderte Unterstützer von Langzeit-Diktator Muammar al-Gaddafi. Anders als in Tunesien und Ägypten ist es fraglich, ob die Demonstranten in Libyen die Staatsspitze erschüttern können.

Mittagsjournal, 16.02.2011

Seltene Ausnahme

Ungewohnte Szenen für Libyen, aufgenommen heimlich mit einem Mobiltelefon: "Wir wollen Freiheit, Würde und Gerechtigkeit" - "Ende der Korruption" - "genug ist genug" rufen die jungen Menschen in der Hafenstadt Bengasi. In Libyen sind solche Proteste eine Ausnahme. Seit 41 Jahren wird das Land von Staatschef oder Revolutionsführer, wie er sich selbst nennt, Muammar al-Gaddafi mit eiserner Hand regiert.

Funke nicht übergesprungen

Selbst in den vergangenen Wochen, als in den beiden Nachbarländern Libyens, zuerst in Tunesien, dann in Ägypten, der Präsident gestürzt wurde, blieb es in Libyen ruhig, berichtet der österreichische Wirtschaftsdelegierte in Tripolis, David Bachmann: Man habe den Rücktritts Mubarak im Fernsehen verfolgt, aber der Funke sei nicht übergesprungen nach dem Motto: "So, jetzt müssen wir das auch machen."

Polizei schritt sofort ein

Was hat dann die Menschen in Bengasi, der zweitgrößten Stadt des Landes auf die Straßen getrieben? Die Menschen waren erzürnt über die Verhaftung eines Rechtsanwalts und Menschenrechtsaktivisten, berichtet eine lokale Zeitung. An die 500 oder 600 Demonstranten dürften es gewesen sein, doch die Polizei ist sofort eingeschritten, raste mit Autos in die Menschenmenge, setzte Tränengas, Wasserwerfer und Gummigeschosse ein. Doch die Demonstranten lassen sich offenbar nicht so schnell vertreiben, sammeln sich im Laufe der Nacht an verschiedenen Punkten der Stadt immer wieder. Erst um 6 Uhr früh ist alles vorbei. 14 Verletzte soll es geben, zehn davon angeblich Polizisten.

Revolutionsführer kein Feindbild

Die letzten vier, fünf Jahre haben Libyen nach dem Ende der internationalen Wirtschaftssanktionen außerdem einen regelrechten Boom beschert: "Das Land gleicht einer riesigen Baustelle. Da sieht die Bevölkerung, dass etwas getan wird und investiert wird." Es werde auch nicht wahrgenommen, dass sich der Revolutionsführer, wie die Staatschefs der Nachbarländer, persönlich bereichert. "Was der Revolutionsführer von sich gibt, ist authentisch. Er lebt in normaler Behausung und macht keine Luxusreisen a la Mittagessen in Cannes und dergleichen."

Dennoch Protestaufruf

Libyen-Experten weisen darauf hin, dass die Gesellschaft des Landes anders strukturiert ist als in Tunesien oder Ägypten, nämlich in Familien und Clans, und dass jede Erhebung gegen Gaddafi daher wohl eher von einem rivalisierenden Clan ausgehen wird, und nicht von der unzufriedenen Jugend. Dennoch - es gibt sichtlich junge Libyer, die von einem Umsturz wie in den Nachbarländern träumen. Für morgen Donnerstag haben Tausende Libyer im Internet zu einem Protesttag