Regimes von Protesten überfordert
"Herrscher haben kein Rezept"
Nach dem Freitagsgebet und den Begräbnissen der getöteten Aufständischen könnte es in Bahrain zu neuen Protesten kommen. Inwieweit diese eskalieren, hängt nicht zuletzt von der Reaktion der Machthaber ab. Die Herrscher hätten kein Rezept gegen die Menschen, so ORF-Korrespondent Karim El-Gawhary.
27. April 2017, 15:40
"Protest kann nicht im Keim erstickt werden"
Karim El-Gawhary im Morgenjournalgespräch mit Andrea Maiwald am 18.02.2011
Kritische Masse notwendig
Zwar setzten die Machthaber immer wieder ihren Sicherheitsapparat ein und versuchten den Menschen Angst zu machen, um die Demonstranten einzuschüchtern, so El-Gawhary. Es gelinge aber nicht, diese Bewegungen im Keim zu ersticken. Nun hänge alles davon ab, ob – wie in Ägypten – eine kritische Masse erreicht werden könne, gegen die das Militär nicht mehr ankomme.
Festtag in Ägypten
Eine Woche nach dem Sturz von Präsident Hosni Mubarak ist der heutige Freitag für viele Ägypter ein Festtag. Ein Tag, an dem einerseits gefeiert, andererseits der Toten der Revolution gedacht wird. Und gleichzeitig ein Tag, an dem die Jugend noch einmal die Muskeln spielen lasse, um den Druck auf das Militär aufrechtzuerhalten, so die Einschätzung Karim El-Gawharys. Viele Oppositionelle wollten den endgültigen Bruch mit dem alten Regime. Ihnen gingen die Zugeständnisse der Übergangsregierung nicht weit genug, weil immer noch viele Vertreter des alten Regimes an den Schalthebeln der Macht säßen.
Forderungen schwächen Wirtschaft
Nach dem politischen Kampf erlebt Ägypten in den letzen Tagen einen Arbeitskampf, der der Wirtschaft beinahe den Todesstoß versetzt. Massenstreiks und Blockaden zeigten, dass es vielen Menschen nicht nur um ihre politischen und bürgerlichen Rechte, sondern auch um ihre sozialen und wirtschaftlichen Rechte gehe, so El-Gawhary. Vier von zehn Ägyptern lebten von weniger als einem Euro am Tag. Schlechte Löhne und hohe Arbeitslosenzahlen lasteten auf den Betroffenen. Sie forderten, dass auch diese Themen angegangen würden. Das Land kehre in vielen Teilen zwar bereits wieder zur Normalität zurück, es gebe aber massive wirtschaftliche Verluste – gerade auch im Tourismus. Das Dilemma liege darin, dass die Menschen mit ihren Forderungen nach sozialen und wirtschaftlichen Rechten die wirtschaftliche Lage des Landes weiter verschärften, so El-Gawhary.