Systemwechsel bei Zuwanderung
Einführung der Rot-Weiß-Rot-Card
Nach monatelangen Verhandlungen hat der Ministerrat den Systemwechsel bei der geregelten wie befristeten Zuwanderung beschlossen: Der Zuzug aus Ländern außerhalb der Europäischen Union soll ab dem ersten Juli nicht mehr nach Quote sondern nach einem Kriterienkatalog erfolgen. Geregelt wird das Ganze über die sogenannte Rot-Weiß-Rot-Card.
27. April 2017, 15:40
Mittagsjournal, 22.02.2011
Kriterien: Qualifikation, Ausbildung, Sprachkenntnisse und Alter
Die Rot-Weiß-Rot-Card beinhaltet das Recht auf Aufenthalt und das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt. Beantragt wird sie bei den Vertretungsbehörden im Ausland. Ausgestellt wird sie nach einem Punktesystem. Als Kriterien gelten berufliche Qualifikation, Ausbildung, Sprachkenntnisse und Alter.
Bewerben könne sich drei Personengruppen: Erstens: Spitzenkräfte mit Hochschulabschluss, zum Beispiel Manager oder Forscher. Von 100 Punkten müssen sie mindestens 70 erreichen. Bis zu sechs Monate nach ihrer Einreise können sie einen Job suchen. Außerdem gilt für sie keine Quote beim Familiennachzug. Andere Regeln gelten für die zweite Gruppe, die sogenannten qualifizierten Migranten für Fachberufe, etwa Handwerker. Die dritte Gruppe umfasst all jene, die einen Job in Aussicht haben, für den sich kein Österreicher findet - etwa, weil es um spezielle Sprachkenntnisse geht.
Gruppe zwei und drei müssen mindestens 50 von 75 Punkten erreichen. Für Fachkräfte in so genannten Mangelberufen gilt die Rot-Weiß- Rot- Card ab Mai nächsten Jahres. Bis dahin soll sich zeigen, in welchen Berufen nach der diesjährigen Arbeitsmarktöffnung heuer weiterhin Bedarf besteht.
Vorreiterolle im europäischen Vergleich
Einfacher wird es für Menschen aus einem Nicht-EU-Land, die in Österreich ein Studium abschließen und ein adäquates Jobangebot vorliegen haben. Ihnen bleibt das Kriterien-geleitete System erspart. Das System sei punkgenau auf den Bedarf ausgerichtet, resümiert Anna Maria Hochhauser von der Wirtschaftskammer. Österreich nehme damit im europäischen Vergleich eine Vorreiterrolle ein. Es sei wichtig, Österreich international attraktiv zu machen und diese Regelung entsprechend zu positionieren, um qualifizierten Fachkräften zu zeigen, was in Österreich möglich sei und was Österreich erwarte, so Hochhauser.
"Richtiger Schritt"
Ähnlich bewertet Bernhard Achitz, leitender Sekretär des Gewerkschaftsbundes, die neue Zuwanderungsregelung. Der Schritt sei richtig: "Wer qualifizierte Arbeitskräfte braucht, muss auch ein System habe, mit dem man solche Arbeitskräfte bekommt", so Achitz. Als logische Ergänzung sieht der ÖGB, dass es zur Rot-Weiß- Rot-Card ein Gesetz gegen Sozial- und Lohndumping gibt. Aus Sicht von Achitz sei dies eine wichtige Begleitmaßnahme zur Arbeitsmarktöffnung am ersten Mai: "Es ist zumindest sichergestellt, dass überall der kollektivvertragliche Mindestlohn gezahlt wird. Es ist strafbar, unter dem kollektivvertraglichen Mindestlohn zu zahlen, das ist ein sensationeller Fortschritt", so der leitende Sekretär des Gewerkschaftsbundes.
8.000 Anwärter auf Rot-Weiß- Rot-Card
Nach Berechnung des Sozialministeriums sollen pro Jahr an die 8000 Menschen die Rot-Weiß- Rot-Card erhalten. Der Großteil der Zuwanderer wird auch in Zukunft ohne Karte nach Österreich kommen. Schon bisher reisen die meisten Migranten aus anderen Staaten der Europäischen Union ein.