Motive Sarkozys offen
Viele Fragen um Frankreichs Libyen-Einsatz
Frankreichs Präsident Sarkozy hat einen wesentlichen Anteil daran, dass die UNO-Resolution über einen Militäreinsatz in Libyen angenommen wurde und die internationale Koalition aus einem Dutzend Ländern zustande kam. Am fünften Tag der Bombardierungen bleibt die Frage nach den Motiven Sarkozys und wie er es geschafft hat, seine Partner zu überzeugen?
27. April 2017, 15:40
Mittagsjournal, 23.03.2011
Aus Paris,
Peinliche Begegnungen mit Gaddafi
Ein Grund für das Vorpreschen von Nicolas Sarkozy in der Libyenfrage ist mit ziemlicher Sicherheit in der für Frankreich äußerst peinlichen Periode Anfang des Jahres zu suchen, als sich das tunesische und das ägyptische Volk erhoben hatten, führende französische Politiker aber mit den noch amtierenden autokratischen Machthabern kompromiitiert waren und Paris zu den Ereignissen am Südufer des Mittelmeers lange Zeit nur betreten schwieg.
Den daraus bleibenden Eindruck, so heißt es, wolle Nicolas Sarkozy nun übertünchen, ebenso die Erinnerung an den surreal wirkenden Empfang Gaddafis Ende 2007 im Elysee – exakt an dem Ort, an dem letzten Samstag die internationale Koalition gegen den libyschen Machthaber geschmiedet wurde - mit dem Frankreich noch letzten Dezember über den Verkauf von Raffalle Kampfflugzeugen verhandelt hat.
Mauer der Angst eingestürzt
Ein anderes Argument lautet: die Erinnerung an das Nicht-Eingreifen der internationalen Staatengemeinschaft in Ruanda und in Srebrenica habe bei Sarkozys Handeln eine Rolle gespielt, andere betonen, Libyen sei für Frankreich wichtig, da es gemeinsame Grenzen mit vier frankophonen Ländern habe.
Premierminister Fillon stellte gestern im Parlament die Frage: Warum hat sich Frankreich derart mobilisiert? Weil die Unterdrückung des libyschen Volkes unter unseren Augen stattfand. Und weil diese Repression nicht diese Hoffnung beenden darf, die Grenzen überschreitet. Die Mauer der Angst ist eingestürzt und dabei ist deutlich geworden: die Völker dieser Region sind nicht dazu verdammt nur zwischen einer autoritären Staatsmacht oder den Islamisten wählen zu können.
Von Innenpolitik ablenken
Böse Zungen sagen allerdings, auch rein innenpolitische Motive könnten für Sarkozy angesichts seines Popularitätstiefs eine Rolle gespielt haben – der Präsident als oberster Befehlshaber einer Armee im Einsatz, dies sei gut für die Meinungsumfragen, Präsident Mitterrand hatte diese Erfahrung im 1. Golfkrieg gemacht.
Seit die Kampfhandlungen begonnen haben, hat es Präsident Sarkozy jedoch täglich schwerer, den Eindruck aufrecht zu erhalten, Frankreich spiele dabei die Führungsrolle – sein Versuch, die Nato draußen zu halten, ist so gut wie gescheitert, und das gut unterrichtete Wochenblatt Canard Enchainé zitiert heute militärische und diplomatische Quellen, die sagen, Frankreich sei nicht mehr als ein Zuarbeiter der Koalition und Sarkozy ein Zuarbeiter des Pentagon.
Konzentration auf Nach-Gaddafi-Zeit
Außenminister Juppé richtete gestern den Blick nach vorne: Wir wollen eine militärische, Intervention von kurzer Dauer. Die Amerikaner legen darauf großen Wert und wir auch. Wir müssen aber auch schon an die Folgezeit denken. Nach dem Krieg kommt der Frieden. Frankreich war initiativ geworden, um die militärische Intervention zu organisieren, Frankreich wird auch Initiative ergreifen, um den Frieden zu organisieren, der Präsident wird sich in den nächsten Tagen dazu äußern.