Heftige Debatte in den USA

Libyen-Konflikt: Obama unter Beschuss

In den USA nimmt die Kritik am Libyen-Militäreinsatz immer mehr zu. Mehrere republikanische Politiker und auch einige Demokraten werfen US-Präsident Barack Obama vor, den Einsatz ohne ausreichende Rücksprache mit dem Kongress befohlen zu haben. Und: Obama habe die Bevölkerung über die Ziele des Libyeneinsatzes im Unklaren gelassen. Obama schweigt noch zu den Vorwürfen.

Mittagsjournal, 26.03.2011

Ausgang des Krieges offen

Egal ob Politiker, Kommentatoren oder bei Straßenumfragen, in der Debatte über den Libyen-Einsatz ist hier in den USA immer wieder ein Schlagwort zu hören: die Frage nach dem endgame, wie kann das Ende des Libyen-Einsatzes ausschauen.

US-Verteidigungsminister Gates, kurz vor dem Ruhestand, nimmt sich hier kein Blatt vor den Mund: Ich denke es gibt eine ganze Reihe möglicher Ergebnisse, niemand kann sie vorhersagen. Es könnte weitere Überläufer in Gaddafis Regierung oder seiner Familie geben, es gibt viele Möglichkeiten.

Und wenn Gaddafi bleibt?

Eine Möglichkeit bereitet besonderes Kopfzerbrechen. Was, wenn Gaddafi an der Macht bleibt. Präsident Obama hat dieser Diskussion mit einer umstrittenen Aussage während seines Chile-Besuchs zusätzliche Nahrung gegeben. Der Libyen-Einsatz sei durch das UNO-Mandat auf die Schaffung der Flugsicherheitszone und den Schutz von Zivilisten beschränkt - trotzdem bleibe es US-Politik, dass Gaddafi wegmüsse.

Ein Balanceakt, den viele nicht verstehen. John Boehner, der starke Mann der Republikaner im Kongress wirft Obama in einem Schreiben "widersprüchlichen Botschaften" und "Mangel an Klarheit" vor.

Zu wenig nach innen kommuniziert

Dabei hat Obama versucht es im Gegensatz zu seinem Vorgänger George Bush allen recht zu machen. Kein US-Alleingang, arabische Unterstützung, ein Mandat des UNO Sicherheits-rates und ein schneller Rückzug der USA aus der ersten Reihe um nicht in einen dritten Krieg im arabischen Raum gezogen zu werden.

Trotzdem hat er einige verärgert, über alle Parteigrenzen hinweg, etwa den demokratischen Kongressabgeordneten Michael Capuano aus Massachusetts: Er hat Zeit gehabt um mit der ganzen Welt, der Nato und den arabischen Staaten zu reden, das ist alles gut, aber er hätte sich auch Zeit für den Kongress nehmen sollen.

Es sei wichtig gewesen, schnell zu handeln, um weitere zivile Opfer zu verhindern, rechtfertigt der Sprecher des Weißen Hauses Jay Carney: Hätte er auf das Ende der Kongresspause gewartet, dann wäre Bengazi gefallen und viele Menschen wären gestorben.

Obama redet am Montag

Bei einem Treffen mit hochrangigen Kongressvertretern hat Obama gestern versucht die Wogen zu glätten. Die Antworten die er dort gegeben hat waren zumindest für die Republikaner nicht ausreichend. Obama müsse endlich der Bevölkerung erklären inwiefern der Libyen-Einsatz mit den Zielen der US-Politik übereinstimme fordert Boehner. Das werde in naher Zukunft passieren, versichert der Sprecher des Weißen Hauses: The President, I can tell you with great confidence will speak about this in the very near future.

Später am Abend wird bekannt, dass sich Obama kommenden Montag mit einer Rede an die Nation wenden will. Bis dahin sollte auch die Kommandoübergabe an die NATO über die Bühne gegangen sein. Und auch hier gibt es gemischte Gefühle, denn wenn auch niemand offen einen dritten Kriegsschauplatz Libyen mit unabsehbaren Konsequenzen und Kosten wünscht, die Vorstellung dass die Supermacht USA nicht mehr die Nummer eins ist, die beunruhigt und: der NATO der traut man es doch nicht ganz zu.

Das Schlagwort dazu: the US in the backseat, die USA am Rücksitz.