"Betreutes Wohnen ist leistbar"
Alternative zum Pflegeheim
Viele Österreicher geben sich nach einer aktuellen Umfrage der Hoffnung hin, dass sie im Fall des Falles im Alter von ihren Kindern und Enkelkindern gepflegt werden. Nach Ansicht von Praktikern ist das völlig unrealistisch. Sie raten, auch neue Wohnformen für Senioren wie das Betreute Wohnen zu forcieren. Die Nachfrage sei schon jetzt außerordentlich hoch.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 28.03.2011
Alternative zum Pflegeheim
Betreutes Wohnen, das sind seniorengerechte Wohnungen in Zentrumsnähe. Die Idee der alten Großfamilie schwingt mit. Und der Betreiber kümmert sich um die Pflegedienste, die die Bewohner brauchen - eine in Österreich stark ausbaufähige Alternative zum Pflegeheim. Der Immobilienentwickler Silver-Living schätzt den aktuellen Bedarf auf rund 44.000 Einheiten, die für die finanziell notleidenden Gemeinden eine sehr attraktive Sache wären. Bernhard Schneller vom steirischen Betreiber "Neue Lebensräume" rechnet vor: "Ein Haus mit zehn Mindestpensionisten ist der schlimmste Fall für die Gemeinde, weil sie am meisten dazuzahlen muss. Die Gemeinde kostet das pro Jahr für ein Haus 10.000 Euro. Das ist kein Betrag."
Leistbare Modelle
Und auch für die Betroffenen sei Betreutes Wohnen leistbar. Vor allem in der Steiermark ist es, weil vom Land gefördert, schon gut etabliert. Bernhard Schneller mit dem Beispiel eines Mindestpensionisten mit etwa 750 Euro im Monat: "Den kostet eine 40-Quadratmeter-Wohnung warm inklusive der Betreuungspauschale 350 Euro im Monat." Aber auch Selbstzahler mit einer Durchschnittspension müssen nicht mehr als 700 Euro Miete inklusive Betreuung im Monat hinlegen. 2012 soll es auch eine EU-weite Norm für Betreutes Wohnen und damit eine klare Grundlage geben.
Falsche Hoffnungen
Wie eine Umfrage des Linzer IMAS-Instituts zeigt, gehen die Österreicher mit dem Thema Pflege sehr zwiespältig um, wenn es das eigene Alter betrifft. So sagen zwar zwei Drittel, dass das Thema eine große Rolle spiele, aber 70 Prozent erwarten keine Probleme. Und der Großteil meint, die Kinder werden das schon schaukeln. "Wir haben den Begriff des Phantompflegers geboren", sagt Paul Eiselsberg von IMAS. Denn die Realität schaue völlig anders aus, so Pflege-Praktiker Bernhard Schneller: "Die Kinder studieren in Graz oder Wien und kommen nie wieder zurück. Die Leute wollen nicht weg, aber es gibt niemanden, der da ist um sie zu pflegen." Sogar in Familien mit besserer Bildung und höherem Einkommen würden am Thema Pflege zerbrechen. Deshalb seien neue und leistbare Wohnformen für alte Menschen umso dringlicher.