Inszenierung von "Blackbird"

Alexandra Liedtke im Porträt

In der Josefstadt hat am 7. April 2011 ein Stück Premiere, das ein höchst brisantes und aktuelles Thema verhandelt: die Beziehung eines erwachsenen Mannes mit einem 12-jährigen Mädchen. Erwin Steinhauer und Maria Köstlinger spielen das Paar, Regie führt Alexandra Liedtke.

Alexandra Liedtke ist in Österreich noch nicht allzu bekannt, obwohl ihre beiden Inszenierungen von Neil-LaBute-Stücken in Wien und Salzburg von der Kritik hoch gelobt wurden. Wenn der Name Alexandra Liedtke fällt, dann wird meistens auch jener von Matthias Hartmann genannt, denn Liedtke ist mit dem Burgtheaterdirektor verheiratet und hat drei kleine Kinder.

Kulturjournal, 06.04.2011

"Es war eine äußerst beglückende Probenarbeit für mich", sagt Erwin Steinhauer über die letzten Wochen, in denen er gemeinsam mit Schauspielerin Maria Köstlinger und Regisseurin Alexandra Liedtke an dem Stück "Blackbird" gearbeitet hat, "weil Alexandra Liedtke sehr gut vorbereitet ist, sehr sensibel ist, vieles ausprobieren lässt, sehr höflich im Umgangston ist, und sie schaut wahnsinnig genau und ist eigentlich nie zufrieden."

Das klingt nach sympathischer Perfektionistin. Und ein guter Teil dieses Perfektionismus' hängt sicherlich auch mit jener Erwartungshaltung zusammen, die man Alexandra Liedtke hierzulande entgegenbringt.

"Für mich selber ist das sehr schwer", sagt Liede, "weil ich das Gefühl habe, ich müsste mich doppelt beweisen. Ich muss mich im Haus beweisen, ich muss der Öffentlichkeit beweisen, dass ich's nicht nur irgendwie hinbekomme, sondern dass ich zu Recht diese Arbeit tue, weil ich sie gut mache. Für mich ist das ein großer Druck." Für sie ist es leichter, an einem Haus zu arbeiten, "wo man sagt, ich bin hier als Regisseurin beschäftigt und nicht sofort oder nur als Frau von... Das ist ganz angenehm in der Arbeit."

"Intaktes Familiensystem"

Ernsthaft und konzentriert wirkt die zierliche Frau mit den hohen Wangenknochen und den dunklen Augen, wenn sie über ihre Arbeit spricht. Wenn Kritiker über ihre Arbeit sprechen, nennen sie sie "leicht" und "feinfühlig", "flott" und "spielerisch". So wurde etwa ihre Züricher "Emilia Galotti" bejubelt, aber auch Neil LaButes "Lieber schön", das vergangenen Herbst im Burgkasino gezeigt wurde, und "Das Maß der Dinge", das seit Februar an den Salzburger Kammerspielen läuft.

Allzu viele Inszenierungen sind es noch nicht gewesen, denn immerhin ist Alexandra Liedtke erst 32 Jahre alt und hat bis 2008 - zumindest am Theater - pausiert. In dieser Zeit hat sie drei Kinder geboren. "Ich hab über fünf Jahre gar nicht gearbeitet und war zu Hause nur bei den Kindern", so Liedtke, "jetzt hab ich Gott sei Dank ein sehr weit verstreutes, intaktes Familiensystem. Ohne meine Familie würde das nicht gehen."

Debüt mit Turrinis "Rozznjogd".

Ihre Kindheit hat die 1979 in Dortmund geborene Liedtke in Tübingen verbracht. Über ihr Studium der Theaterwissenschaft in Erlangen und Bochum kam sie als Hospitantin ans Schauspielhaus Hamburg und legte in Bochum, knapp 23-jährig, ihre erste Inszenierung vor: Peter Turrinis "Rozznjogd".

Die nächste Station war dann schon Zürich, wohin sie ihrem Mann Matthias Hartmann folgte. In Zürich hat Hartmann unter anderem jenes Stück inszeniert, mit dem Liedtke nun ihr Josefstadt-Debüt vorlegt: David Harrowers "Blackbird".

Als Herbert Föttinger Liedtke das Angebot machte, die Inszenierung von "Blackbird" zu übernehmen, wollte sie daher erst ablehnen. sie habe das Stück dann noch einmal gelesen, so Liedtke, "um besser argumentieren zu können. Beim Lesen fiel mir auf, dass ich ein ganz anderes Bild der Inszenierung im Kopf hatte. Da habe ich mir gedacht: Das wäre doch die Möglichkeit! Das hat sich auch bewahrheitet."

Nach der "Blackbird"-Premiere wird Alexandra Liedtke ab Mai für die Festspiele Reichenau proben, die sie heuer mit Schnitzlers "Fräulein Else" eröffnet. Lange genug, so scheint es, hat Alexandra Liedtke in den beruflichen Startlöchern auf den Startschuss geharrt, der nun gefallen zu sein scheint. Und wer weiß, vielleicht wird man in ein paar Jahren, wenn der Name Matthias Hartmann fällt, hinzufügen: der Ehemann von Alexandra Liedtke.

Textfassung: Ruth Halle

Service

David Harrower, "Blackbird", mit Erwin Steinhauer und Maria Köstlinger, Premiere: Donnerstag, 7. April 2011, Theater in der Josefstadt,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (Vorverkaufspreis an der Abendkasse).

Theater in der Josefstadt - Blackbird