ÖVP-Prestigeprojekt verknüpft Datenmengen

Transparenzdatenbank: Bitte warten

Sie ist eines der Prestigeprojekte des jetzt auch offiziell aus der Politik ausscheidenden Ex-Finanzministers Josef Pröll (ÖVP): die Transparenzdatenbank. Das einschlägige Gesetz ist bereits in Kraft, doch der angepeilte Termin des De-facto-Wirksamwerdens scheint zu wackeln.

Mittagsjournal, 20.05.2011

Auf der Suche nach Doppelbesteuerung

Die Transparenzdatenbank ist jenes Instrument, mit dem jeder Bürger aufgelistet bekommen soll, in welchen Bereichen und mit wie viel Geld ihn der Staat fördert. Und die öffentlichen Stellen von Bund und Ländern sollen dadurch - statistisch zusammenfasst - finanzpolitisch interessante Informationen bekommen: Nämlich, welche Bereiche des Lebens doppelt oder gar dreifach finanziell gefördert werden. Das einschlägige Gesetz ist bereits in Kraft, doch der angepeilte Termin des De-facto-Wirksamwerdens der Transparenzdatenbank scheint zu wackeln.

Riesen Datenberg

Es ist ein riesiger Datenberg, der da unter Federführung des Finanzministeriums zusammengeschaufelt, strukturiert und letztlich auswertbar gemacht werden soll. Bei Einzelpersonen Pflegegeld, Familienbeihilfe, Steuerbegünstigung von Zulagen, Pension, Arbeitslosengeld, Ersparnis durch Nutzung eines Gratiskindergartenplatzes, Schulausbildung und, und und. Bei Firmen: Forschungsförderung, Zuschüsse für Klein- und Mittelbetriebe, Steuerersparnis durch die sogenannte Gruppenbesteuerung - ebenfalls und, und und.

Quer durch Österreich gesammelt

Datenmeldungen quer durch die Republik also: Von den Sozialversicherungsanstalten, von den Bundesländern und Gemeinden, von den verschiedenen Bundesministerien, abermals: und, und, und. Das alles zieht technische, sozialwissenschaftlich-statistische Aufgabenstellungen nach Sicht, die zu lösen sind, und zwar eigentlich schnell.

Teurer als geplant

Immerhin sollten - laut Plan - die ersten Daten ab 1. September tatsächlich eingespielt werden in die Mega-Datei. Und vom Vollbetrieb per Anfang 2012 ist eigentlich die Rede. Doch daran gibt es nun Zweifel. "Die Umsetzung ist unwahrscheinlich" titelt heute die Tageszeitung "Die Presse". Sie nimmt als Beleg dafür Aussagen einer namentlich nicht genannten Person, die in die laufenden Gespräche im Finanzministerium eingebunden ist.

Hauptargument für die düstere Prognose: Die Einspeisung der Daten und der laufende Betrieb der Mega-Datenbank würden deutlich mehr kosten als zum Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses vermutet.

Kein bestimmter Starttermin

Aus dem Büro der Finanzministerin heißt es dazu: Die Datenbank wird verwirklicht - erst gestern hätten sich in Bad Hall die Landeshauptleute für das Projekt ausgesprochen, dort sei ein Beschluss zur Vorbereitung der erforderlichen Bund-Länder-Vereinbarung gefasst worden. Also: Man werde das Projekt so rasch wie möglich umsetzen, man versteife sich aber nicht auf einen bestimmten Termin. Da tut man wahrscheinlich gut daran, denn es gibt Indizien dafür, dass das Projekt tatsächlich nach wie vor eher - wie die Austria Presse Agentur im März formulierte - "dahinschleicht".

Wien: Unklare Vorgaben

Bei der für E-government zuständigen Magistratsabteilung der Stadt Wien zum Beispiel heißt es heute auf Nachfrage, man habe noch keine Vorarbeiten für die Datenlieferung geleistet, weil seitens des Bundes noch nicht definiert worden sei, was an Daten wie abzuliefern ist.

SPÖ hinter Projekt

Im Artikel der Presse ist auch ein - ebenfalls nicht namentlich bezeichneter - SPÖ-Funktionär zitiert, mit den Worten, Koalitionspartner ÖVP solle sich das ganze Projekt noch einmal überlegen. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günter Kräuter hingegen schwört: Die SPÖ steht nach wie vor hinter Prölls Datenbankprojekt. Kräuter sagt: Das Wirtschaftsforschungsinstitut habe bei der Vermeidung von Doppel- und Dreifachförderungen Einsparungsmöglichkeiten von 850 Millionen geortet. Wenn man die verwirklichen könnte, so Kräuter seien die Kosten der Transparenzdatenbank auf jeden Fall gerechtfertigt.

Link

Die Presse