Premier bietet Rücktritt an

Athen: Krise spitzt sich zu

Ein Generalstreik hat die griechische Hauptstadt Athen weitgehend lahm gelegt. Mehrere zehntausend Menschen haben in Athen und Thessaloniki gegen ein neues Sparprogramm protestiert. Der sozialistische Premier Papandreou sucht derweil nach einem Ausweg. Er will eine Koalition mit den Konservativen und soll laut griechischem Fernsehen dafür auch seinen Rücktritt angeboten haben.

Abendjournal, 15.06.2011

Ernst Kernmayer

Tausende auf den Straßen

Molotowcocktails, explodierende Tränengasgranaten und Rauchsäulen aus brennenden Mülltonnen auf dem Syntagma-Platz vor dem griechischen Parlament. Mehrere tausend Demonstranten haben heute versucht, den Abgeordneten den Zugang zu versperren und eine angesetzte Sitzung über das neue Sparprogramm zu verhindern.

Große Teile Athens waren heute abgeriegelt. Taxis fuhren nicht, Fähren lagen im Hafen, die Beamten und Beschäftigten staatlicher Unternehmen blieben zu Hause: Steuern erhöhen und Gehälter und Pensionen senken. Das ist ein Teufelskreis, sagt Pensionist Stavros inmitten der Demonstranten.

Papandreou denkt an Rücktritt

Der sozialistische Premierminister George Papandreou sieht seine Felle davon schwimmen. Er strebt jetzt eine große Koalition gemeinsam mit den Konservativen an. Laut einem Bericht des griechischen Fernsehens würde er dafür auch zurücktreten.

Zusätzlich zu den anhaltenden Protesten schwindet Papandreous Mehrheit im Parlament. Ein sozialistischer Abgeordneter hat gestern den Austritt aus dem Parlamentsklub angekündigt, ein weiterer droht, gegen das Sparpaket zu stimmen. Ohne neue Sparmaßnahmen wollen allerdings die EU und der Internationale Währungsfonds ihre Kreditauszahlungen stoppen.

EU verteidigt Sparauftrag

Für das Sparpaket, das zu den Unruhen in Griechenland führt, zeichnet die Europäische Union mitverantwortlich. Immerhin fließt nur dann die milliarden-schwerde Finanzhilfe, wenn Griechenland die Bedingungen der anderen Mitgliedsstaaten erfüllt. Die EU-Kommission verteidigt die Vorgaben, auch wenn sie die sozialen Unruhen in Griechenland mit Sorge beobachtet.

Abendjournal, 15.06.2011