Experte lehnt "freiwilligen" Zwang für Banken ab

Griechenland: Banken sollen mitzahlen

Die Finanzminister der Euro-Zone haben noch keine Entscheidung über Griechenland getroffen. Deutschland und Österreich verlangen, dass sich Banken und Versicherungen beteiligen, damit die Steuerzahler nicht allein die EU-Solidarität finanzieren müssen. Frankreich und die Europäische Zentralbank sind dagegen: Sie fürchten, dass die Finanzmärkte nervös werden könnten.

Deutschland stellt Bedingungen

Deutschlands Bedingungen für das neue Rettungspaket für Griechenland machen die Verhandlungen in der Eurogruppe zur Zitterpartie. Das liegt nicht so sehr an den Kollegen. Viele Finanzminister wollen den Steuerzahler entlasten und unterstützen die Forderung nach einer Beteiligung von Banken und Versicherungen.

Morgenjournal, 15.06.2011

Stundung als Zahlungsausfall gewertet?

Doch Jean-Claude Trichet, Chef der Europäischen Zentralbank hält dies - unterstützt von Frankreich - nach wie vor für einen Fehler. Eine Stundung von griechischen Schulden - das bedeutet diese Bankenbeteiligung - wird von den Ratingagenturen als Zahlungsausfall eingestuft. Die US-Agentur Standard&Poors hat die EU davor ausdrücklich gewarnt.

EZB befürchtet Folgen für Euro

Ein Kreditereignis - wie der Ausfall von Kreditversicherungen genannt wird - will die EZB auf jeden Fall verhindern. Sie befürchtet enorme Risiken auf den Finanzmärkten für andere angeschlagene Euroländer, wie Portugal oder Irland. Investoren könnten insgesamt das Vertrauen in den Euro verlieren. Da hilft es auch wenig, wenn der Widerstand in den eigenen Reihen bröckelt.

Wiener Modell: Freiwillige Stundung der Kredite

Notenbankgouverneur Ewald Nowotny etwa präsentiert ein Modell, das Österreich vor drei Jahren geholfen hat: Die Wiener Vereinbarung. Da haben Banken den Ländern in Osteuropa freiwillig die Kredite verlängert, ohne Mehrkosten. EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte der Süddeutschen Zeitung, man sei von einer gemeinsamen Lösung nicht so weit entfernt, wie manche glauben. Die Kommission werde dieses "Wiener Modell" einer freiwilligen Verlängerung der Laufzeiten griechischer Staatsanleihen prüfen.

Parlamente: Keine weitere Hilfe

Deutschland geht diese freiwillige Selbstverpflichtung nicht weit genug. Schäuble wird von Finnland und den Niederlanden unterstützt. In allen drei Ländern ist es zunehmend schwierig, die Parlamente mehrheitlich hinter ein neues Kreditpaket für Griechenland zu bringen. Doch umstimmen konnte weder Rehn, noch Nowotny, noch die Mehrheit der Finanzminister den obersten Eurohüter. Es wurde Stillschweigen vereinbart.

Wichtiges Treffen: Merkel und Sarkozy

Sonntag Abend wird weiter diskutiert. Bei einem Abendessen in Luxemburg soll die Zitterpartie beendet werden. Entscheidend für den Durchbruch wird aber wohl das Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Nicolas Sarkozy zwei Tage vorher in Berlin sein.

Morgenjournal, 15.06.2011

RZB-Chefanalyst Mag. Peter Brezinschek im Ö1-Morgenjournal-Interview

Griechenland in Konkurs

RZB-Chefanalyst Mag. Peter Brezinschek sagt im Ö1- Morgenjournal-Interview, dass ein Konkurs Griechenlands zwei Haken hätte: Durch die Solidargemeinschaft Euro wäre eine Konkurs Griechenlands nicht mehr das Problem des Landes alleine, sondern der ganzen Gemeinschaft. Zudem habe Griechenland ein Wettbewerbsproblem und das werde in der derzeitigen Diskussion unter den Tisch gekehrt.

Läuft die Zeit davon?

Brezinschek sagt, dass bei Griechenland kurzfristig Löcher gestopft werden müssten, sonst werde das Land zahlungsunfähig. Der Analyst sieht ein Problem aber vor allem darin, wie man das Land wieder auf die Beine stelle. Die Frage ob die Banken mitzahlen sollten, sei nur ein Nebenaspekt. Er stoße sich vor allem daran, dass die Politik in der EU in den letzten Jahren verkündet habe, dass es in der EU keinen Schuldenfall geben dürfe.

Griechenland ist nicht Opfer sondern Täter

Brezinschek wehrt sich dagegen, dass die Märkte Mitschuld an der Krise in Griechenland seien. Hier werde Täter und Opfer verwechselt. Griechenland habe die Schulden gemacht, nicht die Märkte. Man könne den Märkten höchstens den Vorwurf machen, dass sie zu spät reagiert und den Politikern zu lange geglaubt hätten. Am Finanzmarkt Griechenland habe zudem kaum jemand verdient.

Experte: Griechenland braucht Wachstumsmodell

Wie kann es mit Griechenland weitergehen? Komme ein Wachstumsmodell für Griechenland, könne er sich eine Beteiligung der privaten Investoren vorstellen. "Freiwilligen" Zwang lehne für das kurzfristige Stopfen von Löchern er ab.

Auch Bevölkerung muss Verhalten ändern

Ob er glaube, dass die EU-Länder ihr Geld wiedersehen werden. Der Chefanalyst ist optimistisch. In drei bis fünf Jahre sei die Durststrecke überwunden. Das werde aber nur funktionieren, wenn die Griechen mitmachen würden. Sie müssen Steuern zahlen und nicht schwarz arbeiten.