Philip Morris klagt auf Schadenersatz

Uruguay im Kampf gegen Tabakkonzern

Eines der kleinsten Länder Südamerikas muss sich gegen den größten Tabakkonzern der Welt vor einem internationalen Gerichtshof verantworten. Philip Morris verklagt Uruguay von der Schweiz aus, wo es seit 2001 seinen Hauptsitz hat, auf zwei Milliarden US-Dollar Schadensersatz. Grund: Die Investitionen des Konzerns hätten durch die drastischen Antiraucher-Gesetze substanziell an Wert verloren.

Morgenjournal, 18.06.2011

Herzinfarktrate zurückgegangen

Uruguay war einst das Land Lateinamerikas, das die meisten Lungen-Erkrankungen zu beklagen hatte. 32 Prozent der Bevölkerung waren Raucher. Der Arzt und ehemalige Präsident Uruguays Tabaré Vázquez führte 2006 die weltweit strengsten Antiraucher-Gesetze ein. Und das mit Erfolg, so Eduardo Bianco von Forschungszentrum für Tabak-Epidemien: "Wir haben mittlerweile weniger Erwachsene und Jugendliche, die Rauchen und weniger Herzinfarkte, die auf das Rauchen zurückzuführen sind, u.a. deswegen weil in öffentlichen Gebäuden nicht mehr geraucht werden darf".

Drastische Beschränkungen

Zigaretten-Werbung wurde in Uruguay verboten sowie der Gebrauch der Bezeichnungen „Light“ bzw. „mild“ auf Zigarettenschachteln. 80 Prozent der Verpackung muss mit abschreckenden Bildern bedruckt sein, die vor dem Rauchen warnen. Außerdem darf pro Zigarettenmarke nur noch eine Variante verkauft werden. Philip Morris musste deshalb sieben von zwölf in Uruguay verkauften Varianten vom Markt nehmen. Das Problem für den Tabakkonzern ist, so Eduardo Bianco: "Wir sind in den Augen von Philipp Morris ein schlechtes Beispiel, denn wenn es Uruguay schafft, dann schaffen dies auch andere Länder".

Weltweite Folgen

Bei seiner Klage beruft sich der Tabakkonzern auf ein so genanntes Investitionsschutzabkommen, das zwischen der Schweiz und Uruguay besteht und Investitionen von Unternehmen im jeweils anderen Land schützt. Durch die drastischen Anti-Raucher-Gesetze werde, so Philip Morris das Abkommen verletzt. Der Prozess könnte weltweite Folgen haben, so Diego Canépa, von der Regierungspartei: "Dieser Fall wäre weltweit ein Präzedenzfall. Uruguay ist davon überzeugt, eine außerordentlich erfolgreiche Gesundheitspolitik zu führen. Unser Land ist weltweit führend, wenn es um die Umsetzung Antiraucher-Gesetze geht, die sich an die Antiraucher-Politik der Vereinten Nationen lehnt".

Vier Millionen Prozesskosten

Das jährliche Inlandsprodukt des südamerikanischen Staates fällt deutlich geringer aus, als die jährlichen Einnahmen von Philipp Morris. Finanzielle Unterstützung hat das Land am Rio de La Plata jetzt vom New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg bekommen. Er spendete 500.000 US-Dollar als eine Art Prozesskostenhilfe. Für den Universitätsprofessor in Internationalem Recht, Edison Gonzalez Lapeyre findet hier ein ungleicher Kampf statt: "Auch wenn Philipp Morris den Prozess gewinnt, geht er bei diesem Kampf zwischen David und Goliath als Verlierer hervor. Goliath kann mit einem Schlag getötet werden, aber wenn Goliath gewinnen sollte, wird die internationale Gemeinschaft Philipp Morris immer als den größten Tabakkonzern sehen, der ein kleines Land angegriffen hat".

Das Verfahren Philipp Morris gegen Uruguay soll sich schätzungsweise über zwei Jahre hinziehen und rund vier Millionen Dollar an Prozesskosten verursachen.