Ganz arm, ganz reich in einem Land
Das zweigeteilte Italien
Italien ist im Kleinen das, was Europa im Großen darstellt. Es gibt enorme Unterschiede in Wirtschaftskraft, Wohlstand und Ausbildung – mit einem starken Nord-Süd Gefälle. Sizilien gehört zu den ärmsten - die Lombardei zu den reichsten und produktivsten Regionen Europas.
8. April 2017, 21:58
In der Mitte Italiens Mailand: das Bankenzentrum Italiens, aber auch Sitz von Versicherungen und Telekom Unternehmen. Hier schlägt das Herz der italienischen Wirtschaft – trotz vieler Widrigkeiten wie hohe Steuern und lahme Verwaltung.
Mittagsjournal, 13.07.2011
Goldener Norden
Die Lombardei gehört zu den reichsten und produktivsten Regionen Europas. In ihrer Mitte Mailand. Das Bankenzentrum Italiens. Aber auch Sitz von Versicherungen und Telekom Unternehmen. Was diese Region so stark macht ist die vielseitige Wirtschaft. Denn nach wie vor ist auch der Industriesektor stark ausgeprägt - egal ob der wieder aufstrebende Autokonzern Fiat oder verschiedene Pharma Unternehmen. Daneben natürlich die Mode- und Luxusgüterindustrie.
...mit vielen flexiblen Unternehmen
Ein weiterer Pluspunkt hier ist die Kleinheit vieler Unternehmen: Sie sind Spezialisten - aber auch flexibel - und so relativ unbeschadet aus der Wirtschaftskrise gekommen. Der Wehrmutstropfen ist allerdings, dass kleine Firmen nicht so schnell expandieren und so auch nicht das Wachstum antreiben können. Das gilt auch für die umliegenden Provinzen wie Trentino-Südtirol, die Emiglia Romagna oder den Piemont.
Ein gutes Beispiel für ein erfolgreiches, kleines Unternehmen aus dem Norden ist der Schiffsbauer Codecasa. Seit zweihundert Jahren ist die Firma in Familienbesitz. Man ist nie größer geworden als man managen kann - und so braucht man sich um Bankenkrise und Co nicht kümmern - sagt Riccardo Fantinelli, denn man braucht die Banken nicht: "Wir können vorwärtsschreiten ohne, dass wir uns Geld von den Banken leihen müssen. Wir sind ein solides Unternehmen seit zweihundert Jahren. Wir haben selbst genug Mittel. Wir können pro Jahr zwei Jachten fertig stellen. Maximal sechs sind gleichzeitig in Bau. Wichtig ist sie in dieser Qualität herzustellen". So eine Jacht kostet dann auch gleich einmal 40 bis 60 Millionen Euro. 200 Mitarbeiter sind hier beschäftigt - die Auftragsbücher sind voll – die Abnehmer kommen mittlerweile hauptsächlich aus Asien.
Nicht nur der Müll im Süden
Im Norden Italiens finden sich überall solche Erfolgsgeschichten - ganz anders dafür die Situation im Süden. "Ich weiß nicht - was soll ich sagen - ich weiß es nicht", sagt diese Dame. Das was sie in die Resignation treibt ist das Müllproblem von Neapel. Ein Beispiel dafür wie Italien auch ist. Trotz Jahrzehntelanger Anstrengungen und Millionensummen ist das an sich nicht schwer lösbare Problem noch immer da. Misswirtschaft, Mafia, Korruption - das ist der Klotz am Bein des Südens. Sizilien - als der Inbegriff des Südens- beheimatet mehr als 70 Prozent aller Kulturgüter Italiens- die Insel ist oft von atemberaubender Schönheit, doch die festgefahrenen Strukturen - die es meist seit hunderten Jahren gibt, lassen sich kaum aufbrechen.
Viel Geld das aus dem Norden hierherkommt versickert einfach. Jene die sich mit den kriminellen Strukturen nicht arrangieren wollen verlassen oft den Süden. Die gut Ausgebildeten wandern in Richtung Mailand - und fehlen hier natürlich. Wer trotzdem bleibt und nicht nachgeben will scheitert meist: Ignazio Cudro ist so ein Beispiel – mit seiner Verzweiflung hat er es in diesem Frühjahr bis in die Fernseh-Hauptnachrichten gebracht. Der Bauunternehmer der nicht an die Mafia zahlen wollte ist pleite. Seine Maschinen abgefackelt. Und niemand wagt es ihm einen Auftrag zu geben. Er bietet eine Niere zum Verkauf an um seine Familie ernähren zu können: "Es ist sicher ein extremes Beispiel - aber es zeigt wie schwer es ist an den Strukturen etwas zu ändern".
Der große Unterschied zwischen Nord- und Süditalien bleibt auch 150 Jahre nach der Vereinigung ein Dauerstreitthema - vor allem wenn es um Geldtransfers geht. Ganz so wie in Europa im Großen.