Österreich-Ausstellung soll auch Täter behandeln

Gedenkstätte in Auschwitz umgestaltet

Die Österreich-Ausstellung im ehemaligen Konzentrationslager im polnischen Auschwitz soll neu gestaltet werden. Die 30 Jahre alte Gedenkstätte entspricht nicht mehr den aktuellen historischen Erkenntnissen: So wird zwar hier der aus Österreich stammenden Opfer gedacht, Täter kommen aber nicht vor.

Mittagsjournal, 23.7.2011

Peter Daser

"Österreich - erstes Opfer"

Block 17 im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz 1 ist ein zweistöckiges Gebäude aus braunroten Ziegeln. Gebaut wurde es 1942 als Häftlings-Unterkunft. Heute befindet sich hier im unteren Geschoss die Österreich-Ausstellung, gewidmet den aus Österreich stammenden Opfern und Überlebenden. Als Erstes sehen die Besucher dort ein raumhohes Plakat, auf dem ein rot-weiss-rotes Österreich von Wehrmachtsstiefeln überrannt wird. Daneben die Aufschrift: Österreich - erstes Opfer des Nationalsozialismus. Das steht hier auf Deutsch und auf Polnisch.

"Es gab Opfer und Täter"

"Wir haben schon vor ein paar Jahren einen Banner hingestellt, wo steht, dass diese Geschichte nicht mehr dem österreichischen Geschichtsverständnis korrespondiert", sagt Hannah Lessing vom Nationalfonds der Republik für die Opfer des Nationalsozialismus.

Der Fonds ist für die Neugestaltung der aus dem Jahr 1978 stammenden Ausstellung zuständig. "Die alte Ausstellung hatte als Thema: Österreich, das erste Opfer. Wir haben jetzt ein Grobkonzept, das dieses Leitmotiv verändert. Es gab Opfer, und es gab Täter", sagt Lessing.

Opfer im Vordergrund

Die kommen in der in Auschwitz gezeigten Ausstellung bisher kaum vor. Für den Historiker Bertrand Perz erklärt sich das aus der Tatsache, dass sie von Überlebenden mitgestaltet wurde. Diese hätten keineswegs die aus Österreich stammenden Täter vertuschen, aber in erster Linie der Opfer gedenken wollen. "Diese Ausstellung war von Überlebenden geprägt, und deren Anliegen war es ja, Gedenkausstellungen zu machen. Es gab immer diese Komponente des Gedenkens, und da passt diese ganze Tätergeschichte sehr schwer hinein", erklärt Perz.

Österreicher-Anteil bei Wachen unklar

Es ist noch nicht genau erforscht, wie viel Wachpersonal und andere SS-Leute in Auschwitz aus Österreich stammten. "Wir haben prominente Namen, wir kennen einzelne Personen", erläutert Perz.

"Wir wissen aber wenig über den Anteil von Österreichern in den Wachmannschaften auf den unteren Rängen der SS-Führer im Kommandanturstab. Die Österreicher sind dort unter den Deutschen subsummiert. Man muss das nicht unbedingt in den Vordergrund stellen, aber in einer Ausstellung muss man diesen doppelten Österreichbezug Täter-Opfer jedenfalls bringen."

Schwierige Sanierungsarbeiten

Das alles soll eine neue Ausstellung berücksichtigen. Allerdings muss auch das Gebäude selbst saniert werden. Das ist nicht nur wegen des Denkmalschutzes schwierig, sondern auch durch die Tatsache, erklärt Hannah Lessing, dass sich im selben Haus die inzwischen geschlossene Ausstellung Jugoslawiens befindet.

"Die ist zwar abgebaut worden, aber es gibt keine Einigung von den Nachfolgestaaten. Unsere große Problematik ist jetzt: Wer übernimmt die Sanierung des zweiten Stocks? Eine neue Ausstellung in den ersten Stock hineinzubauen, ohne den zweiten Stock abzusichern, wäre höchstwahrscheinlich fahrlässig." Grundsätzlich beschlossen hat die Bundesregierung die Neugestaltung bereits im Jahr 2009 - wann die Arbeiten tatsächlich beginnen können, ist offen.