Österreich soll Fehler eingestehen
Litauen erneuert Vorwürfe
In der Affäre rund um die Freilassung eines früheren KGB-Offiziers will Litauen nicht so schnell zur Tagesordnung übergehen. Österreich habe mit der Freilassung des Mannes europäisches Recht gebrochen und müsse diesen Fehler eingestehen, sagt der Sprecher der litauischen Präsidentin.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 20.07.2011
"Österreich hat Recht gebrochen"
Die Affäre rund um den früheren KGB-Offizier Michail Golovatov ist dem obersten außenpolitischen Berater der litauischen Präsidentin, Darius Semaska, sichtbar unangenehm. Die Beziehungen zu Österreich seien eigentlich sehr gut, meint er. Trotzdem müsse Litauen in diesem Fall auf seiner Position bestehen. Und die sei, dass die österreichischen Behörden einen schweren Fehler gemacht hätten: "Unsere Untersuchung geht weiter, und wir sind sicher, dass wir beweisen können, dass Österreich europäisches Recht gebrochen hat, genauer gesagt die Konvention über Auslieferungen. Wir wollen, dass Österreich diesen Fehler eingesteht, denn nur so können wir erreichen, dass sich so etwas in Europa nicht wiederholt."
Beispiel Italien
Österreich wendet den europäischen Haftbefehl nur für Taten an, die seit der Einführung dieses Haftbefehls begangen worden sind, der Fall Golovatov wäre daher eigentlich nicht davon betroffen, argumentiert Österreich. Litauens Vertreter entgegnen, auch Italien habe eine ähnliche Regelung und dort sei vor kurzem ein von Litauen gesuchter Mann verhaftet worden. Anderes als die Österreicher hätten die Italiener den Mann aber mehrere Wochen festgehalten, um Vilnius die Möglichkeit zu geben, entsprechende Unterlagen nach Rom zu liefern.
"Jeder Litauer persönlich betroffen"
Das Verhalten der heimischen Justiz sei daher nicht nur ein Rechtsbruch, sondern auch noch unfair, sagt Präsidentensprecher Semasko. Die österreichische Bevölkerung müsse verstehen, dass die Aufregung im Fall Golovatov kein politisches Spiel sei. Es gehe vielmehr um das Selbstverständnis des neuen Litauen, das 1991 unter schweren Opfern seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion erkämpft hat: "Im Jänner 1991 sind mehrere hunderttausend Menschen, Angehörige jeder einzelnen Familie des Landes, auf die Straße gegangen, um als menschliche Schutzschilde die Institutionen unseres Staates vor den Angriffen der roten Armee zu schützen. Daher fühlt sich jeder einzelne Litauer persönlich von dieser Angelegenheit betroffen."
Schaden für Image der Union
Er selbst sei überrascht, dass gerade Österreich diesen Fehler gemacht habe, sagt Darius Semaskas. Er und viele andere erinnerten sich dankbar daran, dass Österreich und besonders Salzburg, die Schwesterstadt von Vilnius, Litauen im Jahr 1991 moralisch, politisch und sogar materiell unterstützt hat. Er hoffe daher sehr, dass die Affäre das Image von Österreich in Litauen nicht langfristig belaste. Der Schaden gehe aber noch weiter: "Diese Ereignisse schaden der Idee von europäischer Solidarität, sie beschädigen das Image der Europäischen Union bei den Litauern. Und das bereiten unserer Regierung wirklich sehr viel Kopfzerbrechen." Die Affäre müsse so schnell wie möglich aus der Welt geschafft werden, sagt der außenpolitische Berater der litauischen Präsidentin, Darisu Semaska. Je eher Österreich seine Fehler eingestehe, umso besser.