Erstmals zahlen auch Private

Hilfspaket mit Tabubrüchen

Der Rettungsplan für Griechenland und den Euro steht. 159 Milliarden Euro soll das neue Paket umfassen. Es enthält einige Tabubrüche: Erstmals sollen nicht nur die Steuerzahler zur Kasse gebeten werden. Auch Banken und Versicherungen werden mitzahlen.

Morgenjournal, 22.07.2011

Wichtige Etappe

Das Griechenland-Hilfspaket hat ein Gesamtvolumen von 159 Milliarden Euro - 109 Milliarden Euro kommen von den Euro-Ländern, bis zu 50 Milliarden sollen die privaten Gläubiger beisteuern, teilte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) nach dem Abschluss des Pakets mit. Deutschlands Kanzlerin Merkel sagte, bei der Stabilisierung Griechenlands sei eine wichtige Etappe erreicht worden, das Land habe aber noch einen langen Prozess vor sich.

Start für Euro-Währungsfonds

Wie Ratspräsident Van Rompuy und EU-Kommissionschef Barroso nach Ende des Euro-Krisengipfels in Brüssel ankündigten, wird Griechenland künftig bis zu 30 Jahre Laufzeiten für Kredite aus dem Euro-Rettungsfonds erhalten. Der provisorische Rettungsschirm EFSF soll künftig auch präventiv Euro-Ländern Geld zur Verfügung stellen dürfen. Laut Frankreichs Präsident Sarkozy beginnt damit der Aufbau eines Europäischen Währungsfonds.

Zwei Drittel - ein Drittel

Der Euro-Rettungsfonds - gefüllt mit Garantien der Euro-Länder - und der Internationale Währungsfonds (IWF) übernehmen 109 Milliarden Euro. Bisher haben sich die Euro-Länder und der IWF die Summen der Hilfspakete geteilt: Zwei Drittel übernahm die Euro-Zone, ein Drittel der IWF.

Freiwillige Beteiligung Privater

Private Gläubiger wie Banken und Versicherungen sollen freiwillig ihre griechischen Staatsanleihen in neue Anleihen umtauschen. Das soll 37 Milliarden Euro bringen. Zudem ist geplant, dass der Euro-Rettungsfonds Schulden unter ihrem Nennwert von privaten Gläubigern zurückkauft; das soll einen Erlös von 12,6 Milliarden Euro beisteuern - das war bisher nicht möglich.

Garantien für die Banken

Die Ratingagenturen könnten durch den freiwilligen Beitrag privater Gläubiger eine Verschlechterung für die Investoren feststellen. Dann würden sie Athen einen "teilweisen Zahlungsausfall" bescheinigen. Dadurch könnten die griechischen Banken in Schwierigkeiten geraten, weil sie die Staatsanleihen Athens nicht mehr als Sicherheiten bei der Europäischen Zentralbank (EZB) hinterlegen können. Die Euro-Länder stellen in diesem Zusammenhang klar, dass sie die griechischen Banken stützen wollen.

Niedrigere Zinsen, längere Laufzeit

Die Euro-Länder wollen erreichen, dass Griechenland seinen Schuldenberg abtragen kann und nicht unter neuen Belastungen erstickt. Deswegen wird der Zinssatz für die neuen Kredite auf 3,5 Prozent gesenkt. Das entspricht in etwa dem Satz, zu dem sich der Rettungsfonds das Geld selber leihen muss. Außerdem bekommt Griechenland anstatt wie bisher siebeneinhalb Jahre mindestens 15 Jahre Zeit, um das Geld zurückzuzahlen. In den Genuss dieser Erleichterungen sollen auch Irland und Portugal kommen, die ebenfalls Kredite aus dem Rettungsfonds erhalten.

Impuls für griechische Wirtschaft

Griechenlands Wirtschaft ist marode und kaum wettbewerbsfähig. Die Euro-Länder und die EU-Kommission wollen mit einem Wiederaufbauplan Wachstum und Investitionen zu fördern. Die EU-Kommission hatte bereits vor dem Gipfel eine Expertengruppe beauftragt, den griechischen Behörden dabei zu helfen, etwa bereitstehende Gelder aus EU-Töpfen zur Förderung unterentwickelter Regionen zu beantragen.

Aufkauf von Schulden

Über den Euro-Rettungsfonds sollen künftig, wie nun bei Griechenland, Schulden von Euro-Ländern bei privaten Gläubigern aufgekauft werden können, wenn diese Länder Hilfen aus dem Fonds beantragt haben. Das war bisher nicht möglich. Das müssen die Euro-Länder aber auf Empfehlung der EZB einstimmig entscheiden.

Früher reagieren

Angeschlagene Euro-Staaten sollen sich künftig frühzeitig melden. Der Euro-Rettungsfonds will dann im Gegenzug für Reformen bereits als Sicherheit frühzeitig Kredite bereitstellen, ohne dass diese direkt abgerufen werden. Der Rettungsschirm werde bereitgelegt, aber noch nicht geöffnet, beschrieb ein EU-Diplomat das Vorhaben.