Budgetkürzungen mit Polit-Hintergrund?
Vorwurf: Schmied hungert AHS aus
Die Neue Mittelschule soll bis 2018 alle Hauptschulen ersetzen. Das wird dann aber keine gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen. Denn die ÖVP hält am Gymnasium fest. Die SPÖ-Unterrichtsministerin sieht sich jetzt dem Vorwurf ausgesetzt, dass sie das Gymnasium finanziell aushungern wolle - um so ihr erklärtes Ziel der gemeinsamen Schule zu erreichen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 27.07.2011
AHS-Klassen zu groß
Der Rechnungshof hat der ÖVP-dominierten Lehrergewerkschaft die Munition geliefert, mit der sie jetzt gegen Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) scharf schießt: Die Prüfer haben herausgefunden, dass die Klassen an den Hauptschulen viel rasanter verkleinert worden sind als an den AHS-Unterstufen. Nur noch 25 Schüler pro Klasse wurde 2006 als politisches Ziel ausgerufen. Zwei Jahre später, 2008, war das an den Hauptschulen laut Rechnungshof praktisch umgesetzt, während immer noch 610 AHS-Unterstufenklassen zu viele Schüler hatten - jede siebente Klasse war überfüllt.
Laut Ministerium hat sich die Lage weiter verbessert. Im abgelaufenen Schuljahr habe die durchschnittliche Klassengröße an den AHS-Unterstufen bereits unter 25 Schüler betragen. Für AHS-Lehrergewerkschafter Herbert Weiss sagt das aber nichts aus. Die AHS-Unterstufe werde weiter bewusst kurz gehalten, in der Steiermark etwa sei die aktuell vom Landesschulrat vorgegebene Klassengröße 27 statt 25.
Budgets gekürzt
Weiss über das Dilemma der AHS: "Sie hätten mehr Lehrerstunden zugewiesen bekommen müssen. Und nachdem das nicht erfolgt ist, konnten auch die Klassen nicht eröffnet werden - auch wenn teilweise die Räume vorhanden gewesen wären." Das sei aber noch nicht alles, so Lehrervertreter Herbert Weiss: "Das ist in anderen Bereichen auch spürbar. Es gibt heuer zum Beispiel Senkungen der Schulbudgets im AHS-Bereich, wo bis heute nicht klar ist, wohin diese Budgets verlagert werden. Momentan geht's nur darum, dass Budgets gekürzt werden."
Politisch gewollter Druck
Die Gewerkschaft sieht einen logischen Zusammenhang mit dem politischen Ziel der zuständigen SPÖ-Ministerin, die AHS-Unterstufe in der gemeinsamen Schule aufgehen zu lassen. Eine Sichtweise, die Bildungswissenschaftlerin Christa Koenne teilt. Der Druck auf die AHS sei natürlich politisch gewollt, und in diesem Sinne seien "die jetzt gesetzten Maßnahmen, auch die ökonomischen, natürlich gut", so Koenne. Sie sehe darin jedenfalls eine Steuerungsmaßnahme der Politik, bestätigt die Wissenschaftlerin. Denn der Erhalt der AHS-Unterstufe stehe im absoluten Widerspruch zur Idee der gemeinsamen Schule. Das eigentliche Ziel der Gemeinsamen Schule sei ein System zu schaffen, "in dem man Kinder nicht los werden kann", so Bildungsexpertin Koenne. "Die Problematik heutiger AHS liegt daran, dass man sagen kann, 'Du bist für uns nicht gut genug'." Das sei unfair gegenüber den jungen Menschen, sagt Christa Koenne, die die Aufwertung der Hauptschule zur Neuen Mittelschule auch nur als einen Zwischenschritt sieht - der in Summe 230 Millionen Euro kosten wird. Blieben die Gymnasien auf Dauer draußen, dann sei diese Viertelmilliarde eine glatte Fehlinvestition, so die Bildungswissenschaftlerin.