Experten: FPÖ kann auf Zeit spielen
Scheuch: Als Märtyrer durch die Krise?
Die Verurteilung von FPK-Chef Uwe Scheuch könne den Freiheitlichen bei Wechselwählern und in der Kanzlerfrage schaden, sagen Politikwissenschaftler. Allerdings könnten die Freiheitlichen hoffen, dass bis zur nächsten Wahl Gras über die Sache gewachsen ist. Außerdem könnte bei den Kernschichten die Strategie aufgehen, Scheuch zum Märtyrer zu machen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 04.08.2011
Erfolgreiche Märtyrertaktik
Auch wenn das Urteil gegen FPK-Chef Uwe Scheuch - 18 Monate Haft, sechs davon unbedingt - noch nicht rechtskräftig ist, sieht Politik-Berater Thomas Hofer die FPÖ dadurch in einer Krise: "Das ist natürlich nicht lustig für eine Partei." Nun versuche man wie damals bei Jörg Haider die Märtyrerrolle auszuspielen. Und das könne bei den Kernschichten der Freiheitlichen durchaus eine erfolgreiche Taktik sein, sagt Politikwissenschaftler Peter Filzmaier von der Donau-Universität Krems.
Solidarisierungseffekte
Filzmaier unterscheidet zwischen dem Gesamtimage der FPÖ bei allen Wahlberechtigten, die Scheuch schon vorher negativ gesehen hätten, und FPÖ-Kernwählerschichten, wo es zu Solidarisierungseffekten komme. Außerdem setzten die Freiheitlichen voll auf die Berufung im Scheuch-Prozess, sagt Filzmaier. Das sieht auch Politikberater Thomas Hofer so. Werde das Urteil gegen Scheuch abgemildert, könnte das sogar als Sieg umgedeutet werden: "Und dann kann man auf der Message draufbleiben, dass die Justiz ihren Irrtum zumindest ein wenig eingesehen hat."
Gift für Kanzlerpläne
Abseits der Stammklientel könne das Scheuch-Urteil aber auch negative Auswirkungen für die FPÖ haben, sagt die Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle von der Universität Klagenfurt. Schließlich sitze Scheuch ja nach wie vor im Parteivorstand. "Dieses Signal könnte für gemäßigte Wähler fatal sein. Der Fall Königshofer hat hier auch schon teilweise zu Verdruss geführt."
Ganz ähnlich sieht das auch Peter Filzmaier: "Fast die Hälfte der FPÖ-Wähler auf Bundesebene will Missstände kontrolliert wissen, und da ist ein in erster Instanz nicht rechtskräftig verurteilter Landesrat alles andere als hilfreich."
"So kommt man nicht in die Breite"
Und auch Politikberater Thomas Hofer sieht im Scheuch-Urteil einen Rückschlag FPÖ-Chef Strache und seine Strategie, Kanzler zu werden: "Natürlich war der Plan, dass man bis 2013 die Partei öffnet, breiter wird, weniger Angriffsflächen bietet. Und da sind die Causen Scheuch und Königshofer Gift für diese Strategie. Denn so kommt man nicht in die Breite."
Faktor Zeit
Alle drei Politikexperten sagen aber auch: Selbst bei einer endgültigen Verurteilung von Scheuch könnten die Freiheitlichen auf den Faktor Zeit hoffen - die nächste Nationalratswahl sei erst 2013 und das Gedächtnis der Wähler oft kurz.