Rechtsexperten verteidigen Urteil

Fall Scheuch: "Tatbestand ist gegeben"

Nach dem Urteil gegen FPK-Chef und Landeshauptmann-Stellvertreter Uwe Scheuch attackieren dessen Parteikollegen die Justiz. "Fehlurteil" und "Politjustiz" ist da von FPK- und FPÖ-Seite zu hören. Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) lässt Pauschalverurteilungen gegenüber der Justiz zurückweisen und Rechtsexperten sehen jedenfalls keineswegs einen Skandal.

Mittagsjournal, 03.08.2011

Allgemeine Stellungnahme des Ministeriums

Es handle sich um ein Urteil eines unabhängigen Gerichts, die Richter würden ihre Aufgabe in der Rechtsprechung mit großer Sorgfalt und Ernsthaftigkeit unvoreingenommen wahrnehmen, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme aus dem Büro der Ministerin. Zu den Aussagen Uwe Scheuchs oder des Kärntner Landeshauptmannes Gerhard Dörfler, der von einem virtuellen Urteil spricht, weil es ja keine Tat gegeben habe, gibt es keinen Kommentar.

Tatbestand ist gegeben

Rechtsexperten sehen allerdings sehr wohl einen Tatbestand, auch wenn letztlich keine Staatsbürgerschaft verliehen worden ist. Der Dekan des Wiener Juridicums, Heinz Mayer: "Ein Amtsträger kann schon strafbar sein, wenn er einen Vorteil fordert." Und Verfassungsrechtler Helmut Fuchs von der Uni Wien: "Das Fordern allein erfüllt bereits denn Tatbestand." Es müsse aber ein Zusammenhang zu einem konkreten amtlichen Verhalten Scheuchs gegeben sein - etwa bei der Abstimmung in der Kärntner Landesregierung über die Vergabe von Staatsbürgerschaften.

Ungewöhnlich strenges Urteil

Das Strafausmaß, 18 Monate teilbedingt und sechs Monate unbedingte Haft, sehen die Experten unterschiedlich. Verfassungsrechtler Fuchs bezeichnet es als ungewöhnlich, über jemanden, der nicht vorbestraft ist, eine teilunbedingte Strafe zu verhängen. Das liege aber noch im richterlichen Ermessen, so Fuchs. Der Richter dürfte vor allem gewertet haben, dass die Sauberkeit eines öffentlichen Amtes ein sehr hohes Gut im Staat sei.

Ausgang offen?

Fuchs rechnet damit, dass es in zweiter Instanz zu einem milderen Urteil kommt, möglicherweise sogar zu gar keiner Haftstrafe. Verwaltungsrechtsexperte Bernd Christian Funk sieht das anders: Der Ausgang des Berufungsverfahrens sei nicht vorherzusehen.

Mahnung an Kritiker

Auch wenn das Urteil hoch ausfällt - die teils massiven Angriffe der FPÖ- und FPK-Politiker gegenüber der Justiz seien entbehrlich, sagt etwa Heinz Mayer. Gerichtsurteile sollte man am Maßstab des Gesetzes messen, so Mayer. Im dem Sinne könne es auch falsch sein. "Aber man sollte mit dem Vorwurf 'Politurteil' sehr zurückhaltend sein. Denn das ist ein sehr schwerer Vorwurf. Das heiß nämlich nichts anderes als dass ein Gericht aus politischen Rücksichten sein Urteil gefällt hat. Und da sehe ich in Österreich grundsätzlich keine Veranlassung, solche Urteile abzugeben", sagt Heinz Mayer in Richtung FPÖ und FPK.