Justiz verursacht "Bauchweh"

Busek sorgt sich um Justiz und Politik

Mit dem Generalthema "Gerechtigkeit" beginnt am Nachmittag das Forum Alpbach in Tirol. Aus diesem Anlass kritisiert Forumspräsident Ex-ÖVP-Obmann Erhard Busek die österreichische Politik scharf: Er habe Sorge um das Justizsystem und um die politische Kultur in Österreich. Und Busek bekräftigt seine Rücktrittsforderungen.

Morgenjournal, 18.08.2011

Forumspräsident Ex-ÖVP-Obmann Erhard Busek im Gespräch mit Barbara Daser

Frage der politischen Verantwortung

Busek äußert im Ö1-Interview neuerlich Verwunderung über die rasche Entscheidung im Fall des als Kriegsverbrecher gesuchten russischen Ex-Offiziers Golowatow. Seine frühere Forderung nach Ministerrücktritten bekräftigt Busek, schränkt aber ein, dass er keine bestimmte Person nennen will. "Nicht weil ich mich davor drückte, sondern ich weiß nicht, wer letztlich die politische Entscheidung getroffen hat." Die Frage der politischen Verantwortung sei von niemandem beantwortet worden, "und das stimmt mich nachdenklich." Vielleicht könnten das die Medien einmal herausfinden, so Busek. Grundsätzlich: "Die Kultur, die wir in Österreich in Fragen der politischen Verantwortung haben, war immer gemischt, aber ist wesentlich schlechter geworden."

Justiz verursacht "Bauchweh"

Sorge äußert Busek auch um das österreichische Rechtssystem, nicht nur wegen so "miserabler Verhaltensweisen", wie jener, die FPK-Chef Uwe-Scheuch an den Tag lege. Sondern es sei die Funktionsfähigkeit in wesentlichen Teilen in Frage gestellt. So gebe es große Ungleichheiten, welche Verfahren wie lange dauern und erledigt werden. "Das ist ganz entscheidend für einen Staat: Man muss sich auf die Justiz verlassen können. Und da habe ich im Moment Bauchweh."

"Qualifizierung" an den Unis

Frage der Gerechtigkeit beim Uni-Zugang: Busek ist für eine "Prüfung oder Qualifizierung", und fragt selbst: "Ist es gerecht, quasi grenzenlos Möglichkeiten zu eröffnen, womöglich mit der Garantie, dass man dann keinen Arbeitsplatz findet?"

Ungerechte Verteilung

Busek tritt im Ö1-Interview dem vorherrschenden Bild entgegen, dass Österreich ein reiches Land ist: "Wir sind nicht unbedingt ein reiches Land. Ein Vorteil ist, dass wir eine starke Mittelschicht haben. Es gibt einen gewissen Reichtum an Privilegien und eine ungerechte Verteilung in den Generationen."

Der Frage, ab welchem Betrag eine Vermögenssteuer gerecht wäre, weicht Busek aus: Eine solche Betragsdiskussion habe keinen Sinn. Denn es gehe dabei um ein "gerechtes Auskommen", und das sei sehr unterschiedlich, ja nach Region in Österreich. Eine durchgehende Maßzahl sei "aussichtlos."

Weltweites Thema

Gerechtigkeit sei in der aktuellen Zeit weltweit ein brennendes Thema, so Busekt zum Generalthema des Forums Alpbach. Die Veränderungen, sowohl technologischer als auch politischer Natur wie etwa die Revolutionen in den arabischen Ländern oder das "Aufkommen neuer Welten" wie Brasilien, Russland oder China hätten Auswirkungen. Dabei komme klar heraus, dass die ungerechten Verteilungen in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht, aber auch hinsichtlich der Gestaltungsmöglichkeiten, ungeheure Brüche erzeugen. Damit müssten sich die Europäer auseinandersetzen, "um zu verstehen und auch um zu verstehen geben, dass wir eine Verantwortung haben".

Der Präsident des Forums Alpbach, Erhard Busek, war früher unter anderem ÖVP-Bundesobmann, Vizekanzler, Wissenschafts- und Unterrichtsminister.