Experte Mangott gibt keine Entwarnung

Europa weiter abhängig von russischem Gas

Gas zu verkaufen ist für Unternehmen ein lukratives Geschäft. Dementsprechend umkämpft ist der Gasmarkt in Europa. Die EU-Kommission will eine Vormachtstellung Russlands verhindern. Die Abhängigkeit von russischem Gas dürfte aber in den nächsten Jahren noch steigen, sagt der Politologe und Energie-Experte Gerhard Mangott.

Mittels Hausdurchsuchungen bei europäischen Gasunternehmen versucht die EU derzeit, ihrer Meinung nach negative Geschäftspraktiken des staatlichen russischen Gas-Monopolisten Gazprom zu belegen und damit künftig zu unterbinden.

Mittagsjournal, 01.10.2011

Nachfrage wird steigen

Rund ein Viertel des Gases, das in der EU verbraucht wird, kommt aus Russland. Die Abhängigkeit von russischem Gas dürfte in den nächsten Jahren noch steigen, sagt der Politologe und Energie-Experte Gerhard Mangott. Die Nachfrage werde noch steigen, die Produktion in Europa aber stark sinken.

Hemmende Lieferverträge

Einziger Gaslieferant aus Russland ist der staatliche Konzern Gazprom. Um die Preise für Gas hochzuhalten, hat Gazprom mit Käufern, also Versorgungsunternehmen wie der OMV, fixe Lieferverträge über rund 20 Jahre abgeschlossen, die den Gaspreis zudem an den Ölpreis binden. Hauptproblem sei aber die so genannte take-or-pay-Klausel, sagt Mangott: europäische Unternehmen verpflichten sich Gas zu kaufen, ob sie es brauchen oder nicht.

EU vs. Privatwirtschaft

Haushaltskunden bezahlen dann natürlich für dieses teure Gas, obwohl es aktuell am Gasmarkt längst billigeres Gas gebe. Die EU-Kommission wolle diese Praxis seit längerem unterbinden, deshalb habe sie jetzt Hausdurchsuchungen bei mehreren Gas-Unternehmen angeordnet. Mangott begrüßt zwar das Ziel der EU-Kommission, meint aber, die privaten Gasgesellschaften hätten kein Interesse an einer strategischen Vorgangsweise der EU.

Alternativ-Projekt Nabucco wackelt

Die Energieunternehmen setzten aus Geschäftsgründen einerseits lieber auf Einzelverträge. Andererseits versuchen sie auf andere Art, unabhängiger von Russland zu werden. Unter der Führung der OMV etwa ist vor zwei Jahren das Projekt Nabucco gestartet worden. Dabei handelt es sich um eine Gaspipeline, durch die an Russland vorbei Gas aus dem Kaukasus nach Europa gebracht werden soll. Das Projekt droht jedoch zu scheitern, weil es nach wie vor keine nennenswerten Gaslieferzusagen gibt. Aserbaidschan, der wichtigste potentielle Gas-Lieferant, will bis Jahresende über eine Zusage entscheiden.

Damit werde sich wohl die Zukunft von Nabucco entscheiden, meint Mangott ebenso wie Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Er sagt, es müsse in den nächsten Monaten fixiert oder ad acta gelegt werden. Das sei jedoch seine Einschätzung als politischer Beobachter, betont Mitterlehner, über das Projekt entscheiden müsse letztlich das Konsortium unter Führung der OMV. An dem Konsortium ist neben der OMV maßgeblich der Essener RWE-Konzern beteiligt. Jetzt will auch Bayerngas dabei einsteigen.