Strengere Prüfungen als zuletzt

Neuer "Stresstest" für Europas Banken

Angesichts der jüngsten Entwicklung auf Europas Bankenmarkt sind die Vorbereitungen auf einen neuen, verschärften "Stresstest" am Laufen. Die Messlatte dürfte dabei deutlich höher angesetzt werden als bei der letzten Überprüfung der Krisenfestigkeit der Geldhäuser.

Mittagsjournal, 12.10.2011

Um die Schuldenkrise nicht zu einer Bankenkrise werden zu lassen, will die Eurozone die Schwachstellen ihrer Banken prüfen, die Europäische Bankenaufsicht führt deshalb Medienberichten zufolge einen neuen Banken-Stresstest durch. An den ersten beiden Stresstests wurde kritisiert, dass sie zu wenig streng gewesen seien - so hat etwa die belgisch-französische Dexia-Bank, die jetzt mit Milliardengarantien gestützt werden muss, beim Stresstest im Frühjahr noch sehr gut abgeschnitten. Laut Experten unterscheidet sich der aktuelle Test allerdings grundlegend von den bisherigen, weil erstmals die Konsequenzen eines Schuldenschnitts für Griechenland miteinbezogen werden.

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Diesmal mit Schuldenschnitt

Dass Griechenland ein Großteil der Schulden erlassen wird, dieses Szenario war bei den bisherigen Stresstests tabu, sagt Stefan Pichler von der Wirtschaftsuniversität Wien. Der aktuelle Stresstest spiele allerdings genau diesen Ernstfall durch, zeige wie teuer ein Schuldenschnitt für die europäischen Banken werde und liefere somit eine Entscheidungsgrundlage für die Politik, ob ein Schuldenschnitt sinnvoll ist.

Anders als bei den vergangenen Stresstests spiele die Beruhigung der Finanzmärkte nun eine untergeordnete Rolle, so Pichler. Das Argument, die bisherigen Tests seien nicht aussagekräftig gewesen, weil etwa die belgisch-französische Krisenbank Dexia problemlos bestanden hat, lässt Pichler nicht gelten. Jeder Stresstest behandle eine bestimmte Fragestellung und sei für sich betrachtet aussagekräftig - eine absolute Sicherheit gebe es nicht.

Staaten werden helfen müssen

Schätzungen zufolge könnten die europäischen Banken als Folge eines Schuldenschnitts für Griechenland einen Kapitalbedarf von bis zu 200 Milliarden Euro haben - EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso kann sich Staatshilfen für die Banken vorstellen, und auch Ökonom Pichler glaubt, dass es im Ernstfall nicht ohne staatliche Finanzspritzen gehen wird.

Für die österreichischen Banken erwartet WU-Professor Pichler keine großen Probleme beim neuen Stresstest, weil das Engagement der heimischen Banken in den hoch verschuldeten Staaten im europäischen Vergleich sehr gering sei.