Politik muss handeln

Trichet: Krise erreicht "systemische Dimension"

Der scheidende Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, hat noch einmal mit drastischen Worten die Regierungen zum raschen Handeln in der Krise aufgefordert. Vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments sprach er von systemischen Dimensionen der Krise.

Mittagsjournal, 11.10.2011

Ernst Kernmayer

"Europa Epizentrum der Krise"

Erstaunlich offen spricht der Präsident der Europäischen Zentralbank Jean-Claude Trichet vom Ausmaß der Krise und den Fehlern, die in der Vergangenheit begangen wurden. Die Europa-Parlamentarier forderten im Wirtschafts- und Währungsausschuss Rede und Antwort und Trichet verweigerte nicht.

Die Krise betreffe Banken und Staaten, denn die ganze Welt sei Jahre lang auf dem falschen Pfad gewandert. Niemand habe daran gedacht, dass die reichen Staaten einmal ihre Kreditwürdigkeit verlieren könnten: „Wir in Europa sind das Epizentrum der Krise. Aber es sie eine Herausforderung für alle Staaten und sie zeigt, wie schnell sich die Welt ändern kann. Das Hauptanliegen für uns muss sein, dass die Staaten wieder ihre Glaubwürdigkeit zurück erlangen. Sonst können wir auch die Banken nicht stützen, wenn es wieder zu einer Situation wie 2008 kommt“.

"Systemische Ausmaße"

Trichet hat im Europaparlament als Vorsitzender des Europäischen System-Risikorats gesprochen. Der arbeitet seit einem Dreivierteljahr und soll Brandherde im Finanzsystem aufspüren. Als einen dieser Brandherde und als schlummerndes Risiko hat Trichet die Praxis der Vergabe von Fremdwährungskrediten genannt. Eine Praxis, die vor allem auch österreichische Banken lange Zeit verfolgt haben.

Die Krise sei längst nicht bewältigt, sagt Trichet. Im Gegenteil, die Risken, dass sie sich ausweitet, würden steigen: „Die Krise hat systemische Ausmaße erreicht und muss jetzt mit Entschiedenheit eingedämmt werden. Sowohl die Regierungen als auch die EU-Institutionen müssen gemeinsam handeln“.

EU-Gipfel verschoben

Die Staats- und Regierungschefs haben zunächst einmal ihren für Anfang nächster Woche geplanten Gipfel um eine knappe Woche verschoben. Denn vom Gipfel werden klare Konzepte zum Ausweg aus der Krise erwartet. Bis nächste Woche, so hat die EU-Ratspräsidentschaft gestern mitgeteilt, sei die Zeit dafür zu kurz.