Ein EU-Gipfel auf Raten
Großer Wurf ist vertagt
Was sich dieser Tage in Brüssel abspielt, hat es in der Geschichte der Union noch nie gegeben: Ein Gipfel, der sich mit kurzen Unterbrechungen über sechs Tage hinzieht. Bisher haben die Politiker nicht den großen Wurf zustande gebracht im Kampf gegen die Schuldenkrise. Am Mittwoch wollen sie es noch einmal versuchen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 24. 10. 2011
Nur ein "Zwischengipfel"
Immerhin sei dieser EU-Gipfel nur ein Zwischengipfel gewesen, verteidigt der niederländische Regierungschef Mark Rutte die weiterhin fehlenden Ergebnisse: "Das war nur ein Zwischengipfel, wir haben am Mittwoch einen weiteren." Ein Zwischengipfel nach zweitägigen Beratungen und Vorarbeiten der Finanzminister und der Außenminister - dem sonntäglichen Gipfeltreffen folgen nun ein weiteres Finanzministertreffen und wieder ein Eurosondergipfel am Mittwoch, das hat die Europäische Union noch nie erlebt. Ratspräsident Herman Van Rompuy setzt zur Verteidigung dieser Strategie an: "In den vergangenen zwei Jahren haben wir enorme Schritte gesetzt um die Krise zu überwinden, doch die derzeitigen wirtschaftlichen Herausforderungen sind so groß, dass wir mehr tun müssen. In drei Tagen werden wir das beschließen."
Drei Tage Galgenfrist
Bis Mittwoch sollen sich die Euroländer mit den privaten Gläubigern auf eine höhere Bankenbeteiligung beim Schuldenschnitt für Griechenland einigen. Auf bis zu 60 Prozent ihrer Forderungen müssten Banken und Versicherungen verzichten, damit Griechenland eine realistische Chance hat, sich in einigen Jahren wieder selbständig Geld an den Finanzmärkten zu besorgen.
Finanztechnische Tricks werden überlegt
Damit die betroffenen Banken den Schuldenschnitt auch überstehen, sollen sie zu einer Rekapitalisierung von bis zu 108 Milliarden Euro genötigt werden. Geld, das in letzter Instanz teilweise aus dem Eurorettungsschirm kommen muss. Die Euroländer verhandeln nun, mit welchen finanztechnischen Tricks der gehebelt werden kann - auf bis zu 2500 Milliarden Euro.
Deutschland und Frankreich um Einigkeit bemüht
Vor allem Deutschland und Frankreich haben in dieser Frage völlig unterschiedliche Weltansichten. Nicolas Sarkozy will ja die EZB einbinden, um den Eurorettungsschirm schlagkräftiger zu machen. Angela Merkel lehnt das vehement ab. Ein Streit, der letztlich zu dieser Gipfelverlängerung geführt hat. Zwar steht auch nach dem Zwischengipfel noch nicht fest, wie der Eurorettungsschirm gestärkt werden soll, doch nach außen hin sind deutsche Kanzlerin und der französische Staatspräsident um Einigkeit bemüht, wie sie mit einer gemeinsamen Pressekonferenz signalisieren.
Versprechungen von Merkel und Sarkozy
"Deutschland und Frankreich sprechen mit einer Stimme und verfolgen dieselbe Politik das ist absolut notwendig um gemeinsame, anhaltende Antworten zu finden", so Nicolas Sarkozy. "Wir werden Sorge dafür tragen, dass die Entscheidungen, am Mittwoch auch wirklich gefällt werden können. Das muss mit Sorgfalt geschehen und gleichzeitig mit großer Entschiedenheit, denn der Euro ist unsere gemeinsame Währung, er ist unser Wohlstand, er ist integraler Bestandteil Europas und deshalb sind wir uns unserer Verantwortung hier auch außerordentlich bewusst", sagt Angela Merkel, die als Signal der Versöhnung Nicolas Sarkozy einen Teddybären für seine neugeborene Tochter überreichte. Viel Symbolik also und viele Versprechungen, die beim Eurosondergipfel am Mittwoch nun erfüllt werden müssen.