Schweiz-Experte Werner van Gent im Ö1 Interview
"Keine Alternative zu Referendum"
Wie es mit Griechenland weitergeht, ist nach dem Beschluss eines Referendums über das zweite Euro-Rettungspakets fraglicher denn je. Der Schweizer Journalist Werner van Gent glaubt, dass der griechische Premierminister Georgios Papandreou die Sparmaßnahmen ohne Referendum nicht durchsetzen kann.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 2.11.2011
Interview Werner van Gent
Papandreou: Flucht nach vorne
Aus Sicht des griechischen Premierministers ist die Abhaltung eines Referendums unabdingbar, sagt van Gent, denn: "Er hat festgestellt, dass er das, was er in Brüssel unterschrieben hat, in Griechenland nicht durchsetzen kann – und zwar weder in der eigenen Partei, noch in der Bevölkerung."
Die Vertrauensabstimmung im Parlament sowie die Volksabstimmung über die Sparmaßnahmen sei daher der einzige Weg, um Regierung und Bevölkerung noch auf seine Seite zu bekommen. "Es ist wortwörtlich die Flucht nach vorne", so van Gent.
"Erstmals Koaltionsverhandlungen bei Neuwahl"
Wenn es als Ergebnis auf die für kommenden Freitag angesetzte Vertrauensabstimmung im Parlament zu Neuwahlen komme, werde keine Partei eine absolute Mehrheit bekommen, glaubt van Gent. Und das könne dazu führen, dass es in Griechenland erstmals in der Geschichte zu ernsthaften Koalitionsverhandlungen komme.
Rückkehr zur Drachme "nicht vorstellbar"
Sollte es zu einer Regierung unter Leitung der Konservativen kommen, dann müsse Oppositionsführer Antonis Samaras seine Politik grundlegend ändern. Denn bisher habe er alles getan, um das Sparprogramm der EU-Troika zu torpedieren, so der Schweizer Journalist.
Eine Rückkehr zur Drachme kann sich van Gent nicht vorstellen. "70 Prozent der Bevölkerung sind der Meinung, Griechenland soll in der Währungsunion bleiben. Und darauf setzt Papandreou in diesem Dilemma."