Experte: Vorwürfe realistisch
Teherans Spiel mit der Bombe
Ein neuer Bericht der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) soll angeblich neue Hinweise darauf bringen, dass der Iran tatsächlich an einer Atombombe arbeitet. Israel hat bereits mit einem Militärschlag gedroht. Experten raten dazu, noch abzuwarten, halten die Vorwürfe gegen den Iran aber für durchaus realistisch.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 08.11.2011
Routinemäßiges Säbelrasseln?
Er kenne den Bericht nicht, sag Ali Ansari, Iran-Experte der schottischen St.Andrews-Universität. Aber das, was durchgesickert ist, habe er gelesen. Es deute darauf hin, dass die IAEO neue und klare Beweise hat, dass Irans Atomprogramm nicht nur friedlich ist. Aber noch müsse man abwarten. Israels Politiker haben das nicht getan - droht Krieg? Ali Ansari: "Ich bin da, wie viele meiner Kollegen, entspannter. Wir haben solches Säbelrasseln schon gehabt. Es taucht regelmäßig im Vorfeld laufender Bemühungen um neue Sanktionen gegen den Iran auf, Israel macht damit Druck für mehr Sanktionen. Ich halte es für höchst unwahrscheinlich, dass Israel zu Militärgewalt greift" - jedenfalls nicht alleine, sagt Ali Ansari. Israel seien die begrenzten Erfolgsaussichten genauso wie die weitreichenden Folgen bewusst. Und eine breitere Front gegen den Iran sei - im Moment jedenfalls - nicht realistisch.
Angespannte Lage
"Das Problem mit dem Iran ist, dass er sehr stark mit seinen eigenen politischen Schwierigkeiten beschäftigt ist. Was uns Sorge bereiten muss ist, dass manche iranische Politiker sozusagen gerne ein außenpolitisches Abenteuer hätten, um von innerpolitischen Problemen abzulenken. Ich glaube, der Westen ist sich dessen wohl bewusst. Die Lage ist extrem angespannt, das dürfen wir nicht unterschätzen, vor allem zwischen Saudi-Arabien und Iran.
"Westen muss Idioten stoppen"
Aber was will das iranische Regime? Will es die Bombe? "Ja", sagt Ali Ansari, "da müssen wir ehrlich sein. Das Problem mit dem Iran ist, dass wir keine einheitliche Struktur oder Meinung haben, und wenn einer sagt, unser Programm ist vollkommen friedlich, dann kann das bei ihm aufrichtig sein. Aber ich bin sicher, es gibt Elemente, auch in den Revolutionsgarden, die die Bombe entwickeln wollen. Wozu? Für nicht viel, denn Iran kann ja nicht ein ganzes atomares Arsenal entwickeln, höchstens eine Bombe alle drei Jahre, wie die Schätzungen sagen. Das fordert Israel nicht heraus. Es würde nicht viel ändern, sondern nur eine enorme Instabilität zur Folge haben. Der Westen muss sich hier darauf konzentrieren, die Klügsten im Iran zu stützen und die Idioten zu hindern, dumme Entscheidungen zu treffen."
Führung ist zerstritten und geschwächt
Das iranische Regime, sagt der Iranexperte Ali Ansari, stecke seit den umstrittenen Wahlen 2009 völlig fest und sei nicht imstande gewesen sich zu konsolidieren. Präsident Ahmadinedschad und Revolutionsführer Chamenei lieferten sich einem Machtkampf und die Opposition schaue zu. Es gehe drunter und drüber. Und wer hat die Macht? "Das ist die eine-Million Dollar Frage! In letzter Instanz der Revolutionsführer", sagt Ansari, aber die zahlreichen politischen Fraktionen lägen im Machtkampf.
Auch regional gesehen sei Iran infolge des arabischen Frühlings sehr geschwächt: "Zwei Länder haben von den Ereignissen profitiert: einerseits Saudi-Arabien, andererseits die Türkei. Anders der Iran: Seine Bindung an Syrien ist ambivalent und daher problematisch. Saudi Arabien hingegen ist sofort zu einer sehr aggressiven Außenpolitik übergegangen, damit der Iran nicht den freigewordenen Raum einnehmen kann." Und Saudi-Arabien sei im Hinausdrängen des Iran äußerst erfolgreich, sagt der Iranexperte Ali Ansari.