FPÖ und BZÖ wollen nicht locker lassen
Kampusch: Opposition für neue Ermittlungen
FPÖ und BZÖ wollen neue Ermittlungen im Fall Natascha Kampusch. Sie vermuten, dass Wolfgang Priklopil kein Einzeltäter war und sprechen von Vertuschung durch die Staatsanwaltschaft. Um Druck zu machen, haben sie zuletzt eine ungewöhnliche Serie an parlamentarischen Anfragen eingebracht.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 16.11.2011
Bernt Koschuh
Serie parlamentarischer Anfragen
Vor allem auf Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) haben es die Abgeordneten der Freiheitlichen und Orangen abgesehen: Innerhalb eines Monats haben sie 15 mehrseitige parlamentarische Anfragen gestellt; mehr als 30 waren es innerhalb eines Jahres.
FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein will nicht locker lassen. "Jeder, der sich mit dem Fall Kampusch oder dem Fall Priklopil auseinandersetzt, bemerkt nach fünf Minuten, dass hier einiges im Argen liegt." Über Jahre sei schleißig ermittelt worden, so die Arbgeordnete.
Stadler: "Hinweise auf Kinderschänderring"
BZÖ-Abgeordneter Ewald Stadler spricht von "eindeutigen Hinweisen", die beweisen sollen, dass Wolfgang Priklopil, Natascha Kampusch‘ Peiniger, kein Einzeltäter gewesen sei. Zudem gäbe es Hinweise auf einen Kinderschänderring, so Stadler.
Die Anfragen basieren vor allem auf einem 25 Seiten langem Schreiben, das Johann Rzeszut vor einem Jahr an die Parlamentsklubs geschickt hat. Der ehemalige Präsident des obersten Gerichtshofs war Mitglied der Adamovich-Kommission, die die Vorfälle rund um den Fall untersuchen sollte.
Zweifel an Einzeltäter-Theorie
Laut Rzeszut gebe es 27 Indizien dafür, dass ein Freund und Geschäftspartner von Wolfgang Prikopil als zweiter Täter an der Entführung beteiligt gewesen sei. Dass sie zwei Täter im Entführungswagen gesehen habe, sagt vor allem Natascha Kampusch‘ ehemalige Schulkollegin, die Zeugin der Entführung war.
Staatsanwalt: "Zeugenaussage egal"
Der leitende Wiener Oberstaatsanwalt Werner Pleischl wird dazu im Standard mit den Worten zitiert: "Das ist ja vollkommen egal. Sie hat subjektiv geglaubt, sie hat zwei Täter gesehen. Na und?"
Eine Aussage, die die Abgeordneten Stadler und Belakowitsch-Jenewein, bezeichnend finden. "Wenn ein Staatsanwalt sagt: Die Aussage einer Zeugin ist mir völlig egal, dann gehört er sofort suspendiert", so Belakowitsch-Jenewein.
Amtsmissbrauchs-Verfahren vor Einstellung
Aber ist es nicht wirklich geradezu alltäglich, dass es widersprüchliche Zeugenaussagen gibt? Oberstaatsanwalt Pleischl selbst will sich zur Kritik an ihm offiziell und öffentlich nicht äußern. Er sagt nur, es sei alles Wesentliche recherchiert worden.
Im Justizministerium liegt unterdessen das Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft Innsbruck. Sie hat wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch gegen Pleischl und vier weitere mit dem Entführungsfall befassten Staatsanwälte ermittelt. In der Wiener Oberstaatsanwaltschaft erwartet man offenbar eine Einstellung dieser von Ex-OGH-Präsident Rzeszut initiierten Ermittlungen.
Überlegungen zu neuem U-Ausschuss
Rzeszut soll jetzt wohl im letzten Moment durch die parlamentarischen Anfragen unterstützt werden, lautet eine weitere Vermutung. Doch die FPÖ dementiert das. Einzelne Abgeordnete überlegen nun sogar, ob der Fall Kampusch neuerlich in einem Untersuchungsausschuss geprüft werden soll.