Bekennender Anarchist gewürdigt

Einhellige Betroffenheit bei Politikern

Einhellige Trauer herrschte am Mittwoch in der österreichischen Politik über den Tod des Kabarettisten, Sängers und Schriftstellers Georg Kreisler, der am gestrigen Dienstag im Alter von 89 Jahren in Salzburg verstorben ist. "Seine Distanz und Nähe ließen ihn zu einem der wichtigsten künstlerischen Analytiker der österreichischen Zeitgeschichte werden", würdigte ihn Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ): "Seine Lieder und seine Botschaften werden uns immer begleiten und in Erinnerung rufen, dass nicht Macht sondern Menschlichkeit das oberste Gebot der Politik sein soll."

Auch der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) zeigte sich betroffen: "Kreisler hat wie kein anderer die Tradition des literarischen Kabaretts, insbesondere des Wiener jüdischen Kabaretts der ersten Republik, beherrscht - hintergründig, witzig, politisch, sozialkritisch und stets auf höchstem Niveau." Dabei sei Kreisler mehr als ein legendärer Kabarettist gewesen: "Ein makabrer Humor, die Melancholie, aber auch die Wut über die Unzulänglichkeit der Welt, ziehen sich durch sein Schaffen."

Bekennender Anarchist

Von ÖVP-Seite würdigte Kultursprecherin Silvia Fuhrmann Kreisler als "Ausnahmekünstler von besonderem Format". Die Wiener ÖVP-Kultursprecherin Isabella Leeb hob die Bedeutung des Kabarettisten für die Bundeshauptstadt hervor: "Georg Kreisler hat die Wiener Seele wie kein anderer Künstler dieser Stadt durchschaut. Und er war wohl auch selbst viel mehr Wiener, als er es eigentlich sein wollte." Mit seinem Ableben habe der Letzte der alten Garde die Bühne verlassen.

Ähnlich der Kultursprecher der Wiener Grünen, Klaus Werner-Lobo: "Kreisler war ein echter Wiener, auch wenn er das nie sein wollte." Der bekennende Anarchist habe zeitlebens den Finger in die Wunde gelegt und damit verknöcherte Machtstrukturen, Spießertum und Verdrängung, aber auch die mörderischen Auswüchse der kapitalistischen Verwertungslogik sichtbar gemacht.

"Mit Georg Kreisler verlieren wir einen sprachmächtigen Künstler von außergewöhnlichem Format", so SP-Kultursprecherin Sonja Ablinger in einer Aussendung. "Nicht umsonst hat Hans Weigel eigens für Georg Kreisler die Ehrenbezeichnung 'Dichterkomponistchansonnierpianist' erfunden, eine Bezeichnung, die zeigt, dass der Ausnahmekünstler Georg Kreisler in vielen Kunstsparten zu Hause war."

Messerscharfe Beobachtungsgabe

"Der vielseitige und geistreiche Künstler brachte sein Multitalent immer wieder zum Vorschein, wenn es darum ging mit messerscharfer Beobachtungsgabe einen Teil des österreichischen Wesens zu erkennen", analysierte FPÖ-Kultursprecherin Heidemarie Unterreiner. Kreislers Familie und Angehörigen gelte in diesen schweren Stunden "jedwede Anteilnahme".