"Werde Auftrag nicht um jeden Preis erfüllen"
Causa Meinl: Gutachter gibt auf
In der Causa Meinl gibt es nach dem Diskurs zwischen Gutachter, Staatsanwalt und Polizeiermittler jetzt eine weitere, überraschende Wendung: Der Gerichtssachverständige Fritz Kleiner legt von sich aus seinen Gutachterauftrag zurück. Zuvor hatte ihm die Staatsanwaltschaft einen Großteil seines Auftrages entzogen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 30.11.2011
Petra Pichler
Libro-Gutachter löst Kleiner ab
Für die Gerichtcausa Meinl bedeutet diese neue Wendung wohl weitere Verzögerungen. "Es gab Differenzen wegen Fristen, die Gutachter Kleiner nicht eingehalten hat" - so argumentierte die Staatsanwaltschaft Wien vor einigen Wochen die teilweise Enthebung Kleiners vom Gesamtgutachten in der Meinl-Banken-Affäre. Stattdessen soll sich Libro-Gutachter Martin Geyer nun mit wesentlichen Punkten der Causa befassen.
"Konnte meinen Plan nicht realisieren"
Kleiners Ansuchen, ihn völlig als Gutachter zu entheben, wurde von der Justiz abgelehnt. Aus "Kostengründen", wie es offiziell heißt. Nun hat Gutachter Kleiner selbst einen Schlussstrich gezogen, sagt er im Interview mit Ö1.
"Ich habe bei einer Arbeit dieser Größenordnung eine festgelegte Arbeitsweise und einen Plan. Und ich habe das Gefühl gehabt, diesen Plan nicht realisieren zu können", so Kleiner. Er wisse, dass er Auftragnehmer der Staatsanwaltschaft sei und daher eine Verpflichtung habe. Aber, so Kleiner: "Ich werde diesen Auftrag nicht um jeden Preis erfüllen."
Einfluss auf Gerichtsgutachten?
Zu Details will sich Kleiner nicht äußern. Ein Schreiben des Grazer Gutachters Ende Oktober an die Staatsanwaltschaft lässt jedoch tiefer blicken: Kleiner klagt darin über Zwischenberichte, die er dem Staatsanwalt liefern soll, damit dieser seine Meinung als Sachverstäniger erkennen könne.
Der Staatsanwalt hätte Kleiner gegenüber auch von "Vertrauensverlust" gesprochen. Die Meinl-Bank interpretiert das Schreiben, dass sich im Akt befindet, als schriftlichen Beleg dafür, dass die Staatsanwaltschaft versucht habe, auf das Gerichtsgutachten Einfluss zu nehmen.
Staatsanwaltschaft: Dritter Anlauf bei Gutachten
Am Wochenende wurde daher eine Anzeige wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs gegen den Staatsanwalt eingebracht. Eine Vereinnahmung, die Kleiner besonders ärgert. Er habe seine Gründe für die Zurücklegung der Staatsanwaltschaft schriftlich dargelegt, so Kleiner. Mehr werde er dazu nicht sagen.
Die Staatsanwaltschaft befindet sich in der Causa Meinl nun in einer schwierigen Situation: Nach mehr als drei Jahren Ermittlungen, steht sie punkto Gerichtsgutachten praktisch wieder am Anfang. Vor Kleiner war ja bereits der erste Gutachter, Thomas Havranek, wegen Befangenheit abberufen worden.
Konflikte vorhersehbar
Manche Schachzüge des Staatsanwaltes werden aber wohl immer ein Rätsel bleiben. Anfang des Jahres wurde ein Chefermittler der Polizei in der Causa hinzugezogen, der bereits bei den Libro-Ermittlungen mit Gutachter Kleiner nicht harmoniert, und dessen Absetzung betrieben hatte. Dass diese personelle Konstellation konfliktträchtig sein könnte, und wohl nicht funktionieren wird, war schon damals abzusehen.