Koalitionspartner murrt

Ärger über Cameron in London

Premierminister David Cameron hat mit seinem Nein beim EU-Gipfel seinen Koalitionspartner in London schwer verärgert. Sein Vize Nick Clegg, Chef der Liberaldemokraten, soll außer sich vor Wut gewesen sein, als er Freitagfrüh mit der Nachricht geweckt wurde, dass der Premierminister die Veto-Keule nicht nur zur Drohung mit nach Brüssel genommen, sondern sie auch benutzt hatte.

Mittagsjournal,12.12.2011

Bettina Madlener aus London

"Grober Fehler"

Offiziell gibt sich Clegg "nur" bitter enttäuscht, dass Großbritannien seinen eigenen Weg geht, während die anderen Mitglieder die finanzpolitische Zukunft der Union neu gestalten. Auch die Regionalregierungen in Schottland und Wales reagieren kritisch, Cameron habe einen groben Fehler begangen, heißt es. Der Premierminister erklärt heute Nachmittag den Abgeordneten im Unterhaus, warum er so und nicht anders gehandelt habe, seine Kritiker werden dadurch aber vermutlich nicht verstummen.

Alles tun gegen Spaltung

Es braucht schon einiges um einem pragmatischen Taktiker wie Nick Clegg die Zornesröte ins Gesicht zu treiben, David Cameron hat es geschafft seinen Koalitionspartner in diesen Zustand zu versetzen, heißt es aus den Reihen der Liberaldemokraten. Zunächst sah es so aus, als ob der Premierminister die Zustimmung seines Vize hatte, im schlimmsten Fall in Brüssel auch Nein zu sagen. Doch am Wochenende änderte sich der Ton schlagartig, die EU-freundlichen Liberaldemokraten sollen ihrem Chef die Hölle heiß gemacht haben. Nick Clegg verkündete daraufhin in einem BBC Interview, dass er bitter enttäuscht über den Ausgang der Verhandlungen sei, es bestehe nun die Gefahr, dass Großbritannien innerhalb Europas an den Rand gedrängt und isoliert werde, das sei nicht gut für den Arbeitsmarkt. Als Liberaldemokrat werde er alles tun, damit dieser Rückschlag nicht zu einer ständigen Spaltung führe.

"Dream Team" beschädigt

Clegg mag sich auf EU-Ebene um Schadensbegrenzung bemühen, aber auch in der Koalition mit den Konservativen ist Beziehungsarbeit notwendig. Die lange Nacht in Brüssel hat das Verhältnis des ehemaligen "David and Nick Dream Teams" beschädigt. Ob dann noch dreieinhalb Jahre bis zu den nächsten Wahlen gut gehen, wenn zwei Regierungsparteien völlig gegensätzliche Positionen in der EU Politik haben, fragen sich politische Kommentatoren. Ed Miliband, Chef der oppositionellen Labour Partei, sagt, Cameron habe in Brüssel spektakulär schlecht verhandelt, er sei mehr mit den Spaltungen in der eigenen Partei beschäftigt, als im nationalen Interesse zu handeln.

Volksmeinung pro Cameron

Die Euroskeptiker bei den Konservativen kommen ihrem Premierminister, den sie neuerdings als Helden feiern, zu Hilfe. Großbritannien habe gar keine Chance bei den Verhandlungen gehabt und sei vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Wenn David Cameron nur nach einer Tasse Tee verlangt hätte, wäre das vom französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy abgelehnt worden, sagen sie. Auch das Volk scheint diese Meinung zu teilen, nach einer Umfrage der Tageszeitung Times halten 57 Prozent das Nein des Premierministers zur EU Vertragsform für richtig. Sollte der Koalitionskrach über Europa kein Ende finden, könnte ihre Meinung an der Urne erneut gefragt sein.