Vom Schattendasein an die Öffentlichkeit

Lojze Wieser über Jiri Grusa

"Wenn es um Denkanstöße geht, dann denke ich, dass Kunst - ob malende, musizierende oder schreibende Kunst - imstande ist, vielleicht die Menschen auf neue Spuren zu bringen." Der Verleger Lojze Wieser.

Verlag für osteuropäische Literatur

Neue Spuren ziehen und kaum betretene Wege gehen, das liegt dem Kärntner mit slowenischen Wurzeln besonders am Herzen: Seit nunmehr 25 Jahren bietet Wieser in seinem kleinen Klagenfurter Verlagshaus jener Literatur eine Öffentlichkeit, die aufgrund ihrer Randlage im Osten Europas ein ungebührliches Schattendasein führt.

Der kärntner-slowenische Schriftsteller Florian Lipus etwa oder der serbische Architekt Bogdan Bogdanovic fanden im Wieser-Verlag bereits zu einer Zeit eine Heimat, als hierzulande noch kaum jemand ihre Namen zu buchstabieren wusste. Und auch der kürzlich verstorbene Dichter und Politiker Jiri Grusa zählte seit jeher zu den Säulen des Wieser-Verlagsprogramms.

Poesie gegen die Diktatur

Anfang Dezember feierten Freunde Grusas auf Einladung des tschechischen Außenministers Karl Schwarzenberg eine Messe für den Verstorbenen in der Prager Teynkirche. Jiri Grusa war ein enger Weggefährte des ebenfalls gerade verstorbenen Vaclav Havel; zeitlebens schrieb er gegen das kommunistische Zwangsregime an und besiegte die Diktatur schließlich gleichsam mit den Mitteln der Poesie.

Grusas Geist war bei besagter Messe in der Teynkiche bildlich gesprochen anwesend, denn Lojze Wieser erlebte, wie Kunst - in diesem Fall Musik - eine Geistes-Haltung, nämlich den unbändigen Drang nach Freiheit, in den Herzen der Zuhörer fortpflanzen kann.

Dornen der Geschichte

Jiri Grusa, der zeitlebens von den kommunistischen Machthabern schikaniert und wegen seiner antistalinistischen Haltung auch mit Schreibverbot belegt wurde, avancierte nach dem Sturz des Kommunismus' zum anerkannten Schriftsteller, später auch zum Politiker sowie zum Präsidenten des internationalen Schriftstellerverbands PEN-Club. Der Klang der Orgel zu Grusas Ehren in der Prager Kirche schlug eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart

Als "Dornen der Geschichte" bezeichnet Lojze Wieser historische Krisenzeiten, in denen friedliche Kämpfer wie Jirí Grusa oder Vaclav Havel Stellung bezogen, denn revolutionäre Geisteshaltung kann über die Zeiten und Länder hinaus weitertransportiert werden, davon ist Lojze Wieser überzeugt.

Angeregt von den sakralen Klängen, dazu durchaus politisch - und nicht zuletzt auch lebensfroh - meint Lojze Wieser: "Die Menschen haben Zukunft!"

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