Ideen gegen die Zahnlosigkeit

Mehr Biss für Volksbegehren

Immer mehr politische Stimmen sprechen sich für eine rechtliche Verbindlichkeit von Volksbegehren aus. Auch die ÖVP hat sich solchen Überlegungen angeschlossen. Wie sehen das jene, die in der Vergangenheit Volksbegehren organisiert haben? Wie würden Sie diesem derzeit eher zahnlosen Instrument mehr Biss verleihen?

Morgenjournal, 5.1.2012

Millionenfaches Nein nützt nichts

Das erfolgreichste Volksbegehren der Zweiten Republik ist das gegen den Bau des Wiener Konferenzzentrums, jeder vierte Stimmberechtigten hat es unterzeichnet. Genutzt hat es nichts, das Konferenzzentrum wurde trotzdem gebaut. Eine ähnliche Erfahrung hat auch Rudolf Fussi gemacht, der im Jahr 2002 das Anti-Abfangjäger-Volksbegehren gestartet hat. Immerhin 625.000 Menschen haben es damals unterschrieben. "Wenn der politische Wille nicht vorhanden ist, dann können drei Millionen Menschen unterschreiben und die Regierung wird die Forderung trotzdem nicht erfüllen."

Volksbegehren aufwerten

Auch Peter Weish, einer der Initiatoren des Gentechnik-Volksbegehrens, ist unzufrieden damit, wie die damalige Regierung mit den rund 1,2 Millionen Unterschriften für sein Volksbegehren umgegangen ist. Die Forderungen seien keineswegs erfüllt worden, so Weish. Die Volksvertreter hätten sich als Konzernvertreter qualifiziert. Weish ist dafür, das Instrument Volksbegehren aufzuwerten. Ab einer bestimmten Zahl an Unterschriften sollte verpflichtend eine für die Politik verbindliche Volksabstimmung stattfinden, verlangt Weish. Ab 500.000 Unterschriften wäre dann eine solche Volksabstimmung abzuhalten.

Auch Rudolf Fussi, Initiator des Abfangjäger-Volksbegehrens, ist dafür, ab einer bestimmten Unterschriftenzahl eine Volksabstimmung durchzuführen - wobei Rudolf Fussi hier die Hürde etwas höher legen würden, nämlich bei 10 Prozent der Stimmberechtigten, das wären etwa 600.000.

Ausführlicher im Parlament behandeln

Etwas anders sieht das Eva Rossmann. Die Autorin hat 1997 das Frauen-Volksbegehren mitorganisiert, rund 640.000 Menschen haben es unterschrieben. Von einer verpflichtenden Volksabstimmung hält die gelernte Verfassungsjuristin nicht viel: Eine Parteiendemokratie brauche ein Regulativ wie Volksbegehren, es sollte aber dann an den Parteienliegen, Schritte zu setzen. Allerdings wünscht sich Rossmann, dass Volksbegehren im Parlament ausführlicher behandelt werden, als dies jetzt der Fall ist. So sollte es nicht nur eine Debatte, sondern einen Arbeitsausschuss geben. Außerdem hätten es die Menschen in der Hand, Politiker, die Volksbegehren ignorieren, abzustrafen und nicht zu wählen, sagt Rossmann.