Wegen Zentralbank, Justiz und Datenschutz

EU startet Verfahren gegen Ungarn

Nach wochenlangen Auseinandersetzungen leitet die EU-Kommission nun rechtliche Schritte gegen Ungarn ein. Die Kommission eröffnet drei Verfahren wegen Verletzung der EU-Verträge. Grund sind Zweifel an der Unabhängigkeit der ungarischen Zentralbank, der Justiz sowie der Datenschutzbehörde.

Abendjournal, 17.01.2012

Aus Brüssel,

Budapest hat nicht reagiert

Wochenlangen Drohungen folgen heute Taten: Seit Dezember verlangt die EU-Kommission von Ungarn, drei neue Gesetze, die mit Jahreswechsel in Kraft getreten sind, abzuändern. Sowohl das Zentralbankgesetz, als auch die Neuregelung der Datenschutzbehörde und das geänderte Pensionsantrittsalter von Richtern widersprechen europäischen Grundsätzen. Viktor Orbans Regierung in Budapest aber habe nicht auf die wiederholt geäußerten Einwände der EU-Kommission regiert, sagt Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso:

"Wir haben gehofft, dass die ungarische Regierung die Gesetze so ändert, dass sie europäischem Grundrecht entsprechen. Das ist aber nicht passiert, deshalb müssen wir das Vertragsverletzungsverfahren einleiten."

Ein Monat Zeit

Dieser Blaue Brief der EU-Kommission ist der erste Schritt im langwierigen Vertragsverletzungsverfahren. Die ungarische Regierung hat jetzt einen Monat Zeit, um zu reagieren. Einen Monat, das ist die verkürzte Frist - die EU-Kommission zeigt damit, dass sie nicht vorhat, in dieser Frage nachzugeben. Barroso: "Ungarn ist ein entscheidendes Mitglied der Europäischen Familie. Wir wollen nicht, dass in diesem Land noch länger an demokratischen Prinzipien und Werten gezweifelt wird".

Finanzhilfe wackelt

Wesentlich wirksamer als ein Vertragsverletzungsverfahren ist aber wohl die Drohung der EU-Kommission, dem pleitebedrohten Ungarn die Finanzhilfe zu verwehren. Sowohl EU als auch Internationaler Währungsfonds haben die Verhandlungen um Hilfsmilliarden wegen des Streits über die Zentralbank abgebrochen.