Positionen zum Sparprogramm
Machtfaktor Sozialpartner
Arbeiterkammer und ÖGB versammeln mehr als 300 Spitzenfunktionäre, um ihre Positionen abzustecken. Wirtschaftsbund und Industriellenvereinigung geben eine gemeinsame Pressekonferenz zum Thema Sparen: Die Sozialpartner haben viel Macht und großen Einfluss auf die Regierung, ist Politologe Peter Filzmaier überzeugt.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 20.1.2012
"Verhandlungsmonopol der Kammern"
Dass die Sozialpartner ein Wörtchen mitzureden haben, das sei sogar in der Verfassung mehr oder weniger festgeschrieben, sagt Politikwissenschaftler Filzmaier. Zumindest die Kammern als Interessensvertreter der Sozialpartner seien im Verfassungsrang abgesichert. "Damit anerkennt der Staat quasi ein Verhandlungsmonopol der Kammern, und man muss damit rechnen, dass sie auch proaktiv an die Regierung herantreten."
Gewichtiger Einfluss
Dass die Sozialpartner an die Regierung herantreten, ist die eine Sache. Aber muss die Regierung den vorgebrachten Empfehlungen und Wünschen folgen? Hier tut sich eine Kluft zwischen Theorie und Praxis auf, so Filzmaier. Die Regierung könnte die Sozialpartner zwar ignorieren, das stünde aber im Widerspruch zum Gedanken der Anerkennung durch die Verfassung. Die einzelnen Regierungsparteien könnten sich das noch weniger leisten: "Jeder Parteichef würde so an seinem eigenen Stuhl sägen", so Filzmaier.
Die Interessenvertretungen hätten einen gewichtigen Einfluss auf die Regierungsparteien, so der Politologe. Denn keine von ihnen könne ohne Verbündete in den Sozialpartnern eine Wahlkampf führen oder gar gewinnen. Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer würden "zur Themensetzung, indirekt auch zur Mobilisierung und noch indirekter vielleicht auch zur Wahlkampffinanzierung" gebraucht.
Regierung gegen Kammern machtlos?
An dieser machtpolitischen Lage ändere auch die derzeitige Schuldenkrise nichts, im Gegenteil: Es sei ein Vorteil, in einer solchen Situation mit den Sozialpartnern zu verhandeln. Die Alternative wäre ein amerikanischen Modell mit einer Unzahl freier Interessensgruppen, die auf verschiedensten Wegen ihre Anliegen einbringen bis hin zum Streik. Und das würde gerade in einer Schuldenkrise Probleme schaffen.
Gefragt, ob die Regierung stark genug wäre, um sich gegen die Kammern aufzulehnen, sagt Peter Filzmaier ganz klar: "Nein". SPÖ und ÖVP werden heute also wohl ganz genau zuhören, wenn die Sozialpartner ihre Positionen abstecken.