Fordert die evangelische Diakonie
Solidarität bei Flüchtlingsaufnahme in EU
Statt oft schwer traumatisierten Menschen Schutz und Sicherheit zu bieten, gebe es einen Wettbewerb der Unzuständigkeiten, kritisiert das Hilfswerk der evangelischen Kirche.
27. April 2017, 15:40
Mittagsjournal, 5. 4. 2012
Anerkennung und Verurteilung der Gewalt ist wesentlich
Folter hinterlässt nicht nur am Körper Narben. Folteropfer sind auch seelisch schwer traumatisiert und brauchen entsprechende Hilfe. Doch wenn ihnen die Flucht nach Europa gelingt, bekommen sie gerade das was sie am dringendsten brauchen nicht, kritisiert die Psychotherapeutin Verena Schlichtmeier, nämlich Schutz und Sicherheit: "Und dann bräuchten sie Anerkennung und auch die Verurteilung der Gewalt, die ihnen zugefügt wurde. Und drittens bräuchten Flüchtlinge Gestaltungsmöglichkeiten, die Möglichkeit sinnvoll tätig zu werden, um sich wieder als produktiv und aktiv erleben zu können."
Im Asylverfahren wird stattdessen Lüge unterstellt
Verena Schlichtmeier betreut in Innsbruck im Zentrum Ankyra für interkulturelle Psychotherapie, traumatisierte Flüchtlinge. "Menschen, die im Asylverfahren sind, leben nach wie vor in Unsicherheit. Die Angst, die sie haben, dass sie nicht bleiben können, ist auch real. Da werden alte Ängste immer wieder täglich genährt. Sie erleben eben nicht, dass ihre Geschichten ernst genommen werden und die Gewalt, die sie erfahren haben, verurteilt wird. Sondern das Gegenteil: Die Unterstellung der Lüge."
Diakonie fordert Abschaffung des Dublin Verfahrens
Die Diakonie fordert eine EU-weite Harmonisierung der Asylverfahren, sagt Christoph Riedl, Leiter des Flüchtlingsdienstes der Diakonie. "Das oberste Ziel müsste ja eigentlich sein, dass es eine Schutzgewährung gibt." Durch eine Harmonisierung sollte es egal werden, wo ein Verfahren stattfindet. Im Moment würden wir aber einen Wettbewerb der Unzuständigkeiten erleben. "Zuständig ist immer der Andere." Das ginge wenn es um elementare Grundrechte und um den Schutz von Menschenleben geht, nicht.
Zuständig für das Asylverfahren sei im Moment nämlich jenes EU-Land, das der oder die Schutzsuchende als erstes betreten hat. Dieses sogenannte Dublin-Verfahren sollte abgeschafft werden, fordert die evangelische Diakonie.