Dennoch Zuversicht für Sieg Hollandes
Jospin warnt vor verfrühtem Jubel
Nächsten Sonntag wählt Frankreich einen neuen Präsidenten. Laut Meinungsumfragen wird der sozialistische Kandidat Hollande im zweiten Wahlgang Präsident Sarkozy besiegen. Vor zehn Jahren ist Lionel Jospin als Kandidat der Sozialisten vom Rechtsextremen Jean-Marie Le Pen geschlagen worden und nicht in die Stichwahl gekommen. Jospin warnt nun seine Parteikollegen vor vorzeitigem Jubel.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 17.4.2012
Lionel Jospin war auf Einladung des Renner Instituts in Wien. Lucien Giordani hat mit ihm gesprochen.
Reelle Chance auf den Sieg
Lionel Jospin ist seit Zehn Jahren der Politik ferngeblieben, seinen Enthusiasmus hat der 74 jährige aber nicht verloren. Er glaubt an den Sieg von Francois Hollande, seines Kandidaten: "Francois Hollande ist jung und hat dennoch politische Erfahrung. Er kommt zu einen Zeitpunkt, zu dem sich alle nach Änderung sehnen, nicht nur weil Nicolas Sarkozy persönlich versagt hat, mit seinem politischen Stil und seiner Art die Macht an sich zu reißen, sondern auch weil die Rechte politisch versagt hat. Er hat daher eine ganz reelle Chance, den Sieg davonzutragen."
Reformer statt Anti-Europäer
In welche Richtung wird dann aber Frankreich gehen? In Deutschland wird Francois Hollande als Anti-Europäer eingestuft. Er will, so hat er zumindest im Wahlkampf angekündigt, den Fiskal- und Haushaltspakt mit der EU neu verhandeln. Doch das stimme nicht, sagt Jospin. "Er ist nicht einmal Euroskeptiker, sondern ein Reformer. Er will Europa wieder auf den Weg des Wachstums bringen", sagt Jospin. Er meint, dass das ein sehr vernünftiger Weg sei, der auch im Ausland Anhänger findet. Sogar in Österreich: "Es hat anscheinend auch Bundeskanzler Faymann interessiert, und auch den Vizekanzler. Beide haben gesagt, Ja wir brauchen eine neue Annäherung, oder wir müssen noch 'Wachstum' dem Budgetvertrag hinzufügen. Also sehe ich, dass man zumindest in Österreich einer neuen Politik offen gegenübersteht, einer Neuverhandlung des Vertrages, wie sie von Francois Hollande vorgeschlagen wird."
Keine Überraschung von Rechts
Was die rechtsextreme Front National betrifft, so sieht diesmal Lionel Jospin keine Gefahr: "Madame le Pen punktet laut Umfragen nicht viel mehr und nicht viel weniger als ihr Vater. Eine Überraschung dürfte es nicht geben, weil es ist nicht mehr so, dass die extreme Rechte prinzipiell verteufelt wird. Das heißt, dass die Leute bei Umfragen es auch viel leichter zugeben, für sie zu wählen. Ich glaube aber nicht, dass man bei frau le Pen eine starke Zunahme dieser fremdenfeindlichen und populistischen Rechten findet, die es ja auch in Österreich gibt. Diesmal wird der Sozialist Hollande sicher nicht an der extrem rechten Partei scheitern, meint Jospin. Er glaubt ganz fest an einen zweiten Durchgang für seinen Kandidaten: "Im zweiten Durchgang werden wir Präsident Sarkozy gegen Francois Hollande haben", sagt Jospin. Den Sieg von Hollande will er aber erst nach dem zweiten Durchgang am 6. Mai feiern.