44 Millionen entscheiden

Präsidentenwahl: Spannung vor erster Runde

In Frankreich ist der Wahlkampf für die erste Runde der Präsidentschaftswahlen beendet, seitdem ist jede Art von Wahlpropaganda verboten. Am Sonntag sind 44,5 Millionen Franzosen an die Urnen gerufen – erste offizielle Hochrechnungen gibt es um 20 Uhr.

Morgenjournal, 21.4.2012

Aus Paris,

Sarkozy ringt um jede Stimme

Nicolas Sarkozy, der schon fast verzweifelt um seine Wiederwahl zu kämpfen scheint, hatte gestern Abend Nizza - eine Region mit hohem Stimmenanteil für die extreme Rechte - gewählt als Ort für seine letzte Kundgebung und damit indirekt klar gemacht, worin er seine letzte Chance sieht: Marine Le Pen im ersten Durchgang morgen, so viele Stimmen wie möglich weg zu nehmen. Es ist so weit, sagte Nicolas Sarkozy vor einem blau-weiß-roten Fahnenmeer in einem letzten Hilferuf an seine Anhänger, und fügte hinzu, wir brauchen jeden, denn die Kräfte, die gegen uns vereint sind, sind so groß.

Hollande will klare Verhältnisse

Währenddessen war sein sozialistischer Herausforderer, Francois Hollande, in den Osten Frankreichs gereist, in Hochburgen der Konservativen, wo er appellierte, auf jeden Fall zur Wahl zu gehen - denn die Wahlbeteiligung könnte morgen, um 10 bis 15 Prozent geringer sein als vor fünf Jahren – und der Sozialist kämpfte bis zum Schluss dafür, gleich im morgigen ersten Wahlgang ein Maximum von Stimmen zu bekommen: „Ich will am Ende der Wahlkampagne klar machen, dass sich das Endergebnis schon an diesem Sonntag abzeichnen wird. Wenn die Franzosen den Wandel wollen, sollen sie sich schon am Sonntag dafür aussprechen. Wenn man Umwege einschlägt, kann man sich verlaufen – das ist schon vorgekommen. Also sag ich: wenn ihr ans Ziel kommen wollt, sagt es so schnell, so stark, so klar wie möglich an diesem Sonntag.“

Knappes Rennen

Letzte Meinungsumfragen sehen für morgen überwiegend Francois Hollande bei 27 bis 29 Prozent knapp vor Nicolas Sarkozy, Marine Le Pen, die Kandidatin der Nationalen Front an dritte Stelle mit 16 bis 17 Prozent und Jean Luc Melenchon für die Linksfront bei rund 14 Prozent.

Erster muss nicht gewinnen

Wer morgen Abend an erster Stelle liegt, das hat vor allem symbolische Bedeutung – Francois Mitterrand lag 1981 im ersten Durchgang hinter Giscard d'Estaing und gewann am Ende, Lionel Jospin 1995 an erster Stelle und verlor gegen Jacques Chirac. Wichtig für den Favoriten der Meinungsumfragen, Francois Hollande, ist, wie hoch morgen Abend das Votum für die Kandidaten des linken Lagers insgesamt ausfällt . Der Politologe, Pascal Perineau: „Das ist entscheidend und die Grundlage für Sieg oder Niederlage am Ende im zweiten Wahlgang – wenn die Linke insgesamt im ersten Durchgang an die 48 Prozent herankommt, kann sie sich praktisch sicher sein, in der Stichwahl die 50 Prozent Marke zu überschreiten, wenn sie aber nur bei 42, 43 Prozent liegt, dann wäre der zweite Durchgang deutlich offener.“

Flucht der Konservativen

Ein weiteres schlechtes Zeichen für den amtierenden Präsidenten und konservativen Kandidaten Sarkozy: in den letzten Tagen haben sich eine Reihe ehemaliger konservativer Minister und mehrere Mitglieder der unmittelbaren Umgebung von Ex-Präsident Chirac offen für Francois Hollande ausgesprochen und: die meisten politischen Spitzenbeamten in den Ministerien haben sich seit Wochen schon anderswo eine neue Arbeit gesucht.

Mittagsjournal, 21.4.2012

Wie wählen die Jungwähler? Aus Paris,