Stichwahl für sie unwahrscheinlich

Marine Le Pen bei 17 Prozent

Marine Le Pen, Spitzenkandidatin der rechtsextremen Nationalen Front, liegt in den Umfragen zur Präsidentenwahl am Sonntag bei 17 Prozent. Ihr Vater, der langjährige Parteichef Jean Marie Le Pen, hat vor zehn Jahren noch die Sensation geschafft, den Sozialisten Lionel Jospin geschlagen und die Stichwahl gegen Jacques Chirac erreicht.

Mittagsjournal, 18.4.2012

Aus Paris,

Werte verloren gegangen

Marine, Marine schreien die Anhänger Marine Le Pens - für sie ist es der erste Präsidentschaftswahlkampf. Im Jänner 2011 hat sie den Parteivorsitz von ihrem Vater übernommen - nicht nur die Spitze der Partei, auch ihre Anhänger sind jünger geworden.

Wir begleiten einen von ihnen, den 42-jährigen Krankenpfleger Laurent Henry auf dem Weg zu einem Treffen mit Gleichgesinnten. Während der Autofahrt erzählt er seinen politische Werdegang: „Ich habe immer Front national gewählt. Ich habe einen Vater, der ein Patriot ist und wurde mit einem ausgeprägten Bekenntnis zu Werten aufgezogen – Werte, die heute verloren gegangen sind. Ich komme aus einer Arbeiterfamilie und habe miterlebt, wie sich die Situation von Jahr zu Jahr verschlimmert hat, was die Sicherheitsprobleme betrifft und auch die steigende Armut der Bevölkerung.“

Zu viele Ausländer

Beim Mittagessen mit Parteifreunden in einem kleinen Bistrot geht es wie immer um die für sie wichtigsten Themen des Wahlkampfs: „Es sind die Kriminalität, die Sicherheitsprobleme, die Kaufkraft, die Arbeitslosigkeit all die Probleme, die in den letzten Jahrzehnten nicht gelöst worden sind.“ Für ihn und für alle, die hier zusammenkommen gibt es vor allem einen Schuldigen für die Probleme des Landes: die Immigration. Und da sind sie wenig überraschend ganz auf der Linie ihrer Präsidentin Marine Le Pen: „Die Franzosen sollen wissen, dass sich in den letzten 35 Jahren 15 Millionen Ausländer in Frankreich niedergelassen haben davon sind 12 Millionen Nichteuropäer“, ruft Marine Le Pen gestern Abend in Paris ihren Anhängern zu. „Das alles dank der selbstmörderischen Gesetze der EU“, legt Marine Le Pen gleich noch eins drauf.

Front gegen Sarkozy

Ihre Anhänger sind begeistert. 6.000 sind zur großen Abschlusswahlkampfveranstaltung gekommen im Saal bleibt kein Platz frei. Starke Worte gegen die Einwanderer, heftige Kritik an Europa und persönliche Angriffe auf Titelverteidiger Präsident Sarkozy - damit kann die Chefin der rechtsextremen Partei bei ihren Wählern punkten. Sarkozy wirft sie vor, ihre Ideen zu kopieren. Laurent Henry ist ganz ihrer Meinung: „Er übernimmt die Versprechen, aber nicht die Taten. Fünf Jahre hat er versucht die Nationale Front zu ertränken und ihre Wähler zu gewinnen. Das zeigt, dass er die Franzosen für blöd verkaufen will, denn seinen Worten sind keine Taten gefolgt, aber die Franzosen sind so dumm auch wieder nicht.

Laurent Henry ist überzeugt davon, dass die Umfragewerte getürkt sind und Marine Le Pen im ersten Durchgang weit mehr als die prophezeiten 14 – 17 Prozent der Stimmen bekommen wird.

Stolzer Vater

Jean Marie Le Pen, ihr über 80-jähriger Vater, der als Ehrenpräsident der Partei fast überall mit dabei ist, ist ganz dieser Meinung: „Sie ist wunderbar und wird von Stunde zu Stunde besser“, freut er sich. „Sie wird ein starkes Ergebnis machen, erklärt er und wettert wie alle Vertreter der Nationalen Front gegen Manipulationen aller Art, die der Umfrageinstitute und auch die der Medien.

Vor dem Mikrophon will übrigens keiner Antwort auf die Frage geben, für wen die Wähler Marine Le Pens im zweiten Durchgang stimmen werden, den sie - so wie es jetzt aussieht - keinesfalls erreichen wird. Und damit bleiben einmal mehr nur die viel kritisierten Umfragen, sie sprechen davon dass bis zu drei Viertel der Wähler Marine Le Pens dann in der Stichwahl Sarkozy wählen wollen, für ihn, dem im Wahlkampf immer wieder vorgeworfen worden ist, dass er mit seinen Plädoyers für ein hartes Vorgehen in der Ausländer- und Einwanderungspolitik in den Gewässern der Nationalen Front fischt.