Kampf um die Wiederwahl am 6. Mai
Sarkozy setzt auf ganz rechts
Nach dem ersten Durchgang der französischen Präsidentschaftswahl ist der Kampf um die 6,4 Millionen Wählerstimmen der rechtsextremen Nationalen Front in vollem Gange – zwischen Francois Hollande und Nicolas Sarkozy. Sarkozy, der um seine Wiederwahl zittern muss, schwenkt in seinen Reden jetzt nach ganz rechts ein. Sogar in den eigenen Reihen macht sich jetzt Unmut breit.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 27.4.2012
Aus Paris,
Es gibt fast keine These der Nationalen Front mehr, die sich Nicolas Sarkozy in den letzten Tagen nicht zu eigen gemacht hätte. Selbst aus seinen eigenen Reihen kommt inzwischen Kritik an diesem ultrarechten Kurs, zumal der nicht zu fruchten scheint: auch gestern sah eine Meinungsumfrage den Sozialisten Hollande bei der Stichwahl am 6. Mai mit 55 Prozent wieder klar in Führung.
Fischen im rechtsextremen Lager
Es ist, als wäre ein Damm gebrochen in Frankreich zwischen der klassischen, republikanischen Rechten und der Nationalen Front. Bei jeder Wahlveranstaltung wuchert Nicolas Sarkozy dieser Tage mit Themen und Thesen, die bisher der extremen Rechten vorbehalten schienen. Er verteufelt die Eliten des Landes, die ihm angeblich feindlich gesonnene Presse, die Ausländer, den Islam, die illegalen Einwanderer oder die Sozialschmarotzer und nimmt sogar das Front-National-Thema par excellence, das der Nationalen Präferenz beim Zugang zu Arbeitsplätzen, Sozialleistungen oder zur Krankenversorgung auf, ruft den Wählern von Marine Le Pen, zu:
Wenn Sie nicht wählen gehen oder nicht für mich stimmen, dann werden sie das Wahlrecht für Ausländer in Frankreich bekommen. Ist es das, was sie wollen oder wollen sie das nicht. Irgendwann muss man zu seiner Verantwortung stehen. Sie wollen doch ihren Lebensstil beibehalten, finden auch, dass es nicht genügend Grenzen gibt, dass man nicht genügend über die Nation spricht und dass unsere Werte wichtig sind.
Persilschein für Le Pen
Noch nie hat in Frankreich ein führender konservativer Politiker der Nationalen Front so eindeutig einen Persilschein ausgestellt, wie Nicolas Sarkozy dies jetzt getan hat: Wenn es eine Kandidatin des Front National gibt, so hatte sie das Recht, Kandidatin zu sein. Wenn sie das Recht haben, bei einer Wahl zu kandidieren, sind sie mit der Republik kompatibel.
Empörung ist groß
Der Zentrumspolitiker Bayrou hat Nicolas Sarkozy darauf hin angeklagt, die Thesen der Nationalen Front zu adeln und, so wörtlich, «das Nachlaufen mit heraushängender Zunge hinter diesen Thesen» als erniedrigend bezeichnet, der Grünabgeordnete Mamere nannte Sarkozys Verhalten gegenüber der Nationalen Front obszön.
Und die Tageszeitung Le Monde ließ mit einem Leitartikel von ungewöhnlicher Schärfe aufhorchen, unter der Überschrift: «Der Zweck heiligt nicht alle Mittel». Das Verhalten Sarkozys sei ein politischer und moralischer Fehler und das Eingeständnis seiner Schwäche – er zeige nicht mehr nur Verständnis für die Wähler der Nationalen Front, sondern kompromittiere sich mit den Ideen der rechtsextremen Partei.
Keine Wahlempfehlung Le Pens
Tatsächlich nahm Nicolas Sarkozy gestern noch eine weitere, alte Forderung der Nationalen Front auf: Für Polizisten, die auf einen Verdächtigen geschossen haben, müsse generell die Annahme gelten, sie hätten in Notwehr gehandelt. Marine Le Pen begrüßte umgehend ihren «ideologischen Sieg».
Sie wird für den 6. Mai sicherlich keine Wahlempfehlung abgeben, sondern dafür plädieren, ungültig zu stimmen und sprach gestern sowohl Hollande als auch Sarkozy jede Legitimation dafür ab, ihre Wähler abwerben zu wollen.